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Das Polizeipräsidium an der Ettstraße feiert in diesem Jahr sein 110-jähriges Bestehen

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Von: Gabriele Winter

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Im 110 Jahre alten Polizeipräsidium an der Ettstraße arbeiten mehr als 1000 Beamte. Einer davon ist Pressesprecher Sven Müller, der sich in die Geschichte des Gebäudes vertieft hat.
Im 110 Jahre alten Polizeipräsidium an der Ettstraße arbeiten mehr als 1000 Beamte. Einer davon ist Pressesprecher Sven Müller, der sich in die Geschichte des Gebäudes vertieft hat. © Gabriele Winter

Das Gebäude der Polizei an der Ettstraße wird 110 Jahre alt. Zur Feier wurde Hallo auf einen Rundgang durch das Haus eingeladen. Die Bilder und die Geschichte:

Altstadt ‒ Das erbsengrüne Gebäude – eingebettet zwischen Fußgängerzone und Löwengrube – ist vermutlich das beliebteste Film-Polizeipräsidium Deutschlands. Hier wurden nicht nur „Tatorte“ und „Derrick“-Folgen gedreht, auch die TV-Serie „Löwengrube“ ist dort entstanden. Der Komplex kann in diesem Jahr einen für Polizeibelange numerisch interessanten Geburtstag feiern: 110. Aus diesem Grund sollen den Bürgern verstärkt die Funktionen der wichtigen Notrufnummer 110 nahegebracht werden.

Erbaut wurde das Polizeipräsidium von dem Architekten Theodor Fischer, „der in der Zeit des Nationalsozialismus in Ungnade fiel“, weiß Pressesprecher Sven Müller. Er führt oft interessierte Architekturstudenten durch das Gebäude und genießt ihre Faszination, wenn sie das geschwungene Treppenhaus oder den Steinboden bewundern.

Mitarbeiter wie Pressesprecher Sven Müller können über geschwungene Treppenhäuser das Stockwerk wechseln.
Mitarbeiter wie Pressesprecher Sven Müller können über geschwungene Treppenhäuser das Stockwerk wechseln. © Gabriele Winter

110 Jahre Polizei an der Ettstraße: Fresko mit Todsünden übermalt

Bevor das Haus im Krieg stark beschädigt wurde, zierte noch ein Fresko der sieben Todsünden die Fassade an der Löwengrube, wo die Gefangenen 1913 immer hineingebracht wurden. „Der Maler wollte den Leuten zeigen, auf welche Abwege einen das Leben führen kann“, meint Müller. Allerdings gab es damals nur ein Bild von sechs Todsünden. „Die Wollust zu malen, war ihm wohl sittlich zu bedenklich.“ Zum Teil gab es Forderungen, das Fresko wieder freizulegen, „aber der Maler war ein überzeugter Nazi“, so beließ man es bei der grünen Wandfarbe.

Alternativ kann man auch den Paternoster nutzen.
Alternativ kann man auch den Paternoster nutzen. © Gabriele Winter

In den 110 Jahren seiner Geschichte hat das Gebäude auf dem Areal eines ehemaligen Augustinerklosters einiges miterlebt. Politische Systeme kamen und gingen. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte es eine demokratische, wenn auch turbulente Phase, der einige Polizisten zum Opfer fielen und derer mit einer Marmortafel gedacht wird. So kamen zum Beispiel bei der Niederschlagung des Hitlerputsches in München 1923 vier Beamte ums Leben.

Auf dieser Tafel wird Polizisten gedacht, die nach dem Ersten Weltkrieg starben.
Auf dieser Tafel wird Polizisten gedacht, die nach dem Ersten Weltkrieg starben. © Gabriele Winter

110 Jahre Polizei an der Ettstraße: Arbeitsplatz für mehr als 1000 Polizisten

Insgesamt arbeiten mehr als 1000 Polizisten in über 1000 Zimmern an der Ettstraße 2. Von der Einsatzzentrale bis über den Kriminaldauerdienst herrscht rund um die Uhr Betrieb. Wer nicht die Treppen nutzen will, gelangt mit einen Paternoster vom Dach bis in den Keller. Über die Jahre haben etliche Räume andere Funktionen bekommen. So gibt es beispielsweise hier keine Dienstwohnungen mehr und auch keine Schalterräume für kommunale Aufgaben wie Führerscheinausstellung. Aber die kleine Haftanstalt existiert noch: Dort sitzen manchmal Leute über Nacht bis sie dem Haftrichter vorgeführt werden, wie zum Beispiel vor einigen Jahren der Mitorganisator der Anti-Siko-Proteste Claus Schreer.

Vom Polizeipräsidium an der Ettstraße aus wurden viele große Einsätze, wie beim Attentat im OEZ, geleitet. „Da kommt uns natürlich die zentrale Lage zugute, von der aus man ganz München gut erreichen kann“, erklärt Sven Müller. Er selbst arbeitet gerne hier und hat sich begeistert in die Geschichte des Hauses eingearbeitet, auch wenn beim diesjährigen Jubiläum nicht das Gebäude, sondern die Bedeutung der Notrufnummer 110 im Mittelpunkt stehen soll.

110 – Nummer gegen Verbrechen

„Wir müssen nicht an der Reputation der Nummer arbeiten, sondern am Wissen, wann man sie wählt“, betont Marcus da Gloria Martins, der Leiter der Einsatzzentrale der Polizei. Auf der jüngsten Pressekonferenz präsentierte er die neue Kampagne zur Stärkung der Notrufnummer mit dem Motto „110 – unsere Nummer. Deine Sicherheit“. Der Notruf sei für die Polizeiarbeit unersetzlich, „weil ganz vielen Anrufern das Bauchgefühl sagt: Da stimmt was nicht“. Als Beispiele nennt er verdächtige Autos oder Männer, die vor Vorgärten rumlungern. Marcus da Gloria Martins betont die Wichtigkeit dieser Anrufe um Verbrechen zu verhindern oder schnell aufzuklären. „Wenn beispielsweise gemeldet wird, dass eine Gruppe Männer auf der Straße in heftigen Streit geraten ist, kann es dazu führen, dass eine Körperverletzung gar nicht erst passiert, wenn die Polizei schnell vor Ort ist.“

Gleichzeitig weißt er darauf hin, dass man bei der Feuerwehr rauskommt, wenn man die Notruftaste seines Handys wählt – also bei der 112. Auch der Missbrauch der Nummer hat Folgen, denn jeder Anruf wird mit der dazugehörigen Telefonnummer aufgezeichnet. Scherzkekse sollten sich also vorsehen. Wenn sie das nächste mal eine Streife fälschlicherweise ausrücken lassen, kann das teuer werden.

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