In den 110 Jahren seiner Geschichte hat das Gebäude auf dem Areal eines ehemaligen Augustinerklosters einiges miterlebt. Politische Systeme kamen und gingen. Nach dem Ersten Weltkrieg erlebte es eine demokratische, wenn auch turbulente Phase, der einige Polizisten zum Opfer fielen und derer mit einer Marmortafel gedacht wird. So kamen zum Beispiel bei der Niederschlagung des Hitlerputsches in München 1923 vier Beamte ums Leben.
Insgesamt arbeiten mehr als 1000 Polizisten in über 1000 Zimmern an der Ettstraße 2. Von der Einsatzzentrale bis über den Kriminaldauerdienst herrscht rund um die Uhr Betrieb. Wer nicht die Treppen nutzen will, gelangt mit einen Paternoster vom Dach bis in den Keller. Über die Jahre haben etliche Räume andere Funktionen bekommen. So gibt es beispielsweise hier keine Dienstwohnungen mehr und auch keine Schalterräume für kommunale Aufgaben wie Führerscheinausstellung. Aber die kleine Haftanstalt existiert noch: Dort sitzen manchmal Leute über Nacht bis sie dem Haftrichter vorgeführt werden, wie zum Beispiel vor einigen Jahren der Mitorganisator der Anti-Siko-Proteste Claus Schreer.
Vom Polizeipräsidium an der Ettstraße aus wurden viele große Einsätze, wie beim Attentat im OEZ, geleitet. „Da kommt uns natürlich die zentrale Lage zugute, von der aus man ganz München gut erreichen kann“, erklärt Sven Müller. Er selbst arbeitet gerne hier und hat sich begeistert in die Geschichte des Hauses eingearbeitet, auch wenn beim diesjährigen Jubiläum nicht das Gebäude, sondern die Bedeutung der Notrufnummer 110 im Mittelpunkt stehen soll.
„Wir müssen nicht an der Reputation der Nummer arbeiten, sondern am Wissen, wann man sie wählt“, betont Marcus da Gloria Martins, der Leiter der Einsatzzentrale der Polizei. Auf der jüngsten Pressekonferenz präsentierte er die neue Kampagne zur Stärkung der Notrufnummer mit dem Motto „110 – unsere Nummer. Deine Sicherheit“. Der Notruf sei für die Polizeiarbeit unersetzlich, „weil ganz vielen Anrufern das Bauchgefühl sagt: Da stimmt was nicht“. Als Beispiele nennt er verdächtige Autos oder Männer, die vor Vorgärten rumlungern. Marcus da Gloria Martins betont die Wichtigkeit dieser Anrufe um Verbrechen zu verhindern oder schnell aufzuklären. „Wenn beispielsweise gemeldet wird, dass eine Gruppe Männer auf der Straße in heftigen Streit geraten ist, kann es dazu führen, dass eine Körperverletzung gar nicht erst passiert, wenn die Polizei schnell vor Ort ist.“
Gleichzeitig weißt er darauf hin, dass man bei der Feuerwehr rauskommt, wenn man die Notruftaste seines Handys wählt – also bei der 112. Auch der Missbrauch der Nummer hat Folgen, denn jeder Anruf wird mit der dazugehörigen Telefonnummer aufgezeichnet. Scherzkekse sollten sich also vorsehen. Wenn sie das nächste mal eine Streife fälschlicherweise ausrücken lassen, kann das teuer werden.
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