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Anonyme Alkoholiker München: 70 Jahre Kampf gegen die Sucht

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Seit 70 Jahren unterstützen die Anonymen Alkoholiker im Kampf gegen die Trinksucht.
Seit 70 Jahren unterstützen die Anonymen Alkoholiker im Kampf gegen die Trinksucht. © Klaus Haag

Seit 1953 unterstützen die Anonymen Alkoholiker Münchner im Kampf gegen die Trinksucht. Wie die Gemeinschaft damals an die Isar kam, was Betroffene schätzen.

München ‒ Dass sie lieber unerkannt bleiben wollen, liegt den „Anonymen Alkoholikern“ (AA) schon im Namen. Und auch an ihrer Klingel an der Landwehrstraße 9 – wo die Münchner Kontaktstelle der Gemeinschaft ist – steht nur unscheinbar „AA Kontakt“. Jetzt jährt sich zum 70. Mal das Bestehen der Gruppe, die es bundesweit zuerst in München gab.

Ganz unauffällig weist das Klingelschild am Eingang auf die Münchner Kontaktstelle der „Anonymen Alkoholiker“ in der Landwehrstraße 9 hin.
Ganz unauffällig weist das Klingelschild am Eingang auf die Münchner Kontaktstelle der „Anonymen Alkoholiker“ in der Landwehrstraße 9 hin. © Marie-Julie Hlawica

105 Gruppen treffen sich heutzutage im Raum München regelmäßig – ob in Präsenz oder digital. In der Zentrale an der Landwehrstraße finden täglich die „Meetings“ statt, bei denen Betroffene von sich erzählen, anderen zuhören und sich so gegenseitig Hilfe zur Selbsthilfe sowie Unterstützung beim Verzicht auf Alkohol geben. Die AA verstehen sich als nicht-profitorientierte Gemeinschaft von Männern und Frauen: Alter, Beruf und Herkunft sind egal. Was sie eint ist der gemeinsame Wunsch: „trocken“ werden, um das Leben auch ohne Alkohol genießen zu können.

Betroffene im Gespräch

Auch Monika (63, Name von der Redaktion geändert) und Günther (77) kommen regelmäßig zu den AA-Treffen in München. Er lebt seit 38 Jahren ohne den Alkohol, die Münchnerin seit 28 Jahren. Doch beide wissen, die Sucht bleibt: „Trocken ist man nur für 24 Stunden“, sagt Monika. Zum Verzicht müsse man sich jeden Tag neu entscheiden.

„Schon als Jugendlicher habe ich gerne getrunken, wollte die Wirkung des Alkohols spüren“, erinnert sich Günther. Mit Mitte 20 waren seine Leberwerte so schlecht, dass ihm ein Arzt riet, mit dem Trinken aufzuhören. „Aber ein Leben ohne konnte ich mir nicht vorstellen.“ Nach einem alkoholbedingten Unfall kam er mit 27 das erste Mal zu den AA – und fühlte sich eigentlich nicht als Betroffener. Erst zwei Jahre später geht er erneut zu einem Meeting.

Heute weiß er: „Erst als ich trocken war, hat mein Leben richtig an Fahrt aufgenommen, beruflich wie privat.“ Mit seiner Vergangenheit geht der 77-Jährige heute offen um: „Dass ich keinen Alkohol trinke, sage ich so mit Nachdruck, dass es niemand in Frage stellt oder mit mir diskutieren will.“

Alkohol isoliert

Auch Monika wollte ihre Sucht zunächst nicht wahr haben. „Meine beste Freundin hat gesagt: Mach was dagegen. Ich wollte das nicht hören, obwohl ich nicht verzichten konnte. Denn wenn ich weniger trank, hatte ich Entzugserscheinungen.“ Das fiel in der Arbeit auf: Die Münchnerin wurde abgemahnt und suspendiert. „Ich war nicht mehr gesellschaftstauglich, habe viele gefährliche Situationen erlebt. Der Alkohol hat mich isoliert“, sagt die 63-Jährige heute.

Sie ging zu den AA, trifft sich dort zweimal pro Woche mit Gleichgesinnten – seit fast 30 Jahren: „AA gehört zu meinem Leben dazu.“ Ausnahmen macht sie nur, wenn sie im Urlaub oder krank ist. „Viele Menschen dort sind schließlich auch zu Freunden geworden. Ich freue mich, sie zu sehen.“

Wie die „Anonymen Alkoholiker“ nach München kamen

Das erste deutschsprachige Treffen der AA fand am 1. November 1953 im „Hotel Leopold“ in der Leopoldstraße 119 statt. Damals allerdings noch mit dem englischen Namen „Alcoholics Anonymous“. Der Grund: US-Soldaten hatten die Idee der Gemeinschaft aus ihrer Heimat mitgebracht, wo es sie bereits seit 1935 gab.

Heute verstehen sich die AA als Anlaufstelle für Menschen, die mit dem Trinken aufhören wollen und deren Angehörige. Eine Präambel mit zwölf Schritten leitet sie zum Ausstieg. Mehr Infos gibt es unter der Telefonnummer 55 56 85.

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