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Sie starben in München: Denkmal für die indigenen Kinder Miranha und Juri gefordert

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Von: Daniela Borsutzky

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Der Isarvorstädter Sebastian Huber wünscht sich ein Denkmal für die beiden in der Nähe des Alten Südlichen Friedhofs.
Der Isarvorstädter Sebastian Huber wünscht sich ein Denkmal für die beiden in der Nähe des Alten Südlichen Friedhofs. © Daniela Borsutzky

Miranha und Juri wurden auf einer Forschungsreise 1817 aus Brasilien nach München verschleppt und hier zur Schau gestellt. Nun soll ein Denkmal an die Geschichte erinnern.

LUDWIGS-/ISARVORSTADT Mit einem Denkmal im öffentlichen Raum, das an das Schicksal zweier verschleppter indigenen Kinder erinnert, soll ein vergessener Teil Geschichte ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Einen entsprechenden Antrag hat der Isarvorstädter Sebastian Huber bei der Bürgerversammlung für den 2. Bezirk gestellt, welcher einstimmig angenommen wurde.

Es ist ein dunkles Stück Geschichte: Eine Reise nach Brasilien traten die beiden Münchner Naturforscher Johann Baptist Ritter von Spix und Carl Philipp Friedrich von Martius im Jahr 1817 an. Im Auftrag des Königs sammelten sie nicht nur exotische Pflanzen und Tiere, sondern – erschreckend, aber wahr – auch indigene Kinder. Die Überfahrt nach München überlebten ein Mädchen und ein Junge: Miranha und Juri – benannt nach ihren Sprachgruppen.

In den darauffolgenden zwei Jahren hat man sie erforscht und der schaulustigen Stadtgesellschaft präsentiert. Bald erkrankten sie und starben im Alter von etwa 14 Jahren kurz nacheinander. Sie wurden auf dem Alten Südlichen Friedhof beigesetzt. Heute existiert das Grab nicht mehr.

Das Grabrelief von Miranha und Juri, angefertigt von Johann Baptist Stiglmaier, befindet sich im Stadtmuseum.
Das Grabrelief von Miranha und Juri, angefertigt von Johann Baptist Stiglmaier, befindet sich im Stadtmuseum. © Münchner Stadtmuseum/Sammlung Angewandte Kunst

Denkmal für Miranha und Juri gefordert: „Sensibilität wichtig“

„Obwohl viele deutsche Städte sich zunehmend mit ihrer kolonialen Vergangenheit beschäftigen, bekommt das Thema hier bisher nur wenig Aufmerksamkeit. Viele wissen nicht, dass München eine Kolonialgeschichte hat“, bedauert der 30-jährige Antragsteller, der selbst zufällig über den Roman einer brasilianischen Autorin auf die Geschichte der beiden gestoßen ist.

Ein Denkmal fände er in der Nähe des Alten Südfriedhofs passend, allerdings im öffentlichen Raum – beispielsweise an der Friedhofsmauer oder am Stephansplatz. Für den Fall einer Realisierung wäre es seiner Ansicht nach wesentlich, mit einem Künstler aus der Herkunftsgesellschaft der Kinder zusammenzuarbeiten – „also wenn möglich einer Person mit indigenem Hintergrund aus dem Bereich des Amazonasbeckens“, betont Huber. „Gerade weil das Schicksal der Kinder maßgeblich von weißen europäischen Männern entschieden worden ist, ist hier eine große Sensibilität wichtig.“

Denkmal für Miranha und Juri gefordert: Kolonialgeschichte bereits in wenigen Rundgängen integriert

Laut Jennifer Becker, Sprecherin des Kulturreferats, ist für Fragen zum kolonialen Erbe Münchens das Institut für Stadtgeschichte und Erinnerungskultur im Kulturreferat zuständig. Im nächsten Schritt werde die „AG Gedenktafeln“ mit dem Antrag befasst, „die referats- und fraktionsübergreifend besetzt ist.“

Zwei Münchner Vereine haben bereits einen Rundgang zur deutschen Kolonialgeschichte entwickelt. Julia Brandes vom beteiligten Verein Commit begrüßt den Antrag für ein Denkmal sehr. „Die wahren Namen der Kinder sind unbekannt, und werden es für immer bleiben. Ihre eigene Perspektive ist nicht überliefert“, sagt Brandes. „Gerade auch aus diesem Grund halten wir es für sehr wichtig, den Opfern der Kolonialgeschichte im öffentlichen Stadtraum und in der öffentlichen, historischen Erinnerung soweit möglich ihre Stimme zurückzugeben.“

An der Stelle auf dem Alten Südfriedhof, wo einst die beiden Kinder begraben waren, liegt heute der 1895 verstorbene bayerische Kultusminister Ludwig August von Müller. Gräber aus der damaligen Zeit gibt es dort aber durchaus noch: Eben die des „Botanikers“ Martius oder des „Zoologen“ Spix.

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