Der Gewerkschaft Verdi zufolge stehen circa 200 Kita-Gruppen in der Stadt wegen des Fachkräftemangels sogar kurz vor der Schließung. Um das zu vermeiden, gehen manche Träger bereits an ihre Reserven – etwa beim gesetzlichen Anstellungsschlüssel. Der sieht vor, dass ein Mitarbeiter maximal elf Kinder betreuen soll. Beim KJR liegt der Personalschlüssel derzeit stattdessen bei eins zu zehn. „Das erlaubt es uns, den Ausfall einzelner Kollegen durch Krankheit oder Urlaub gerade in größeren Einrichtungen abzufangen“, sagt Sprecher Wagner. „Ohne diese geringe Reserve würde jeder Ausfall zu einer Einschränkung der Betreuungszeit oder gar zu einer temporären Gruppenschließung führen.“
Andere Träger vergeben aufgrund der Personalsituation ihre vorhandenen Plätze nur zögerlich. Und zum Teil auch nicht abschließend. „Sollten unvorhersehbare Personalwechsel passieren und dadurch die Betreuung aller Kinder nicht mehr gesichert sein, müssen wir auch zugesagte Plätze wieder absagen oder die Betreuungszeiten reduzieren“, erklärt Margit te Brake, Geschäftsbereichsleiterin Kindertagesbetreuung bei der Diakonie München. Beim Kreisjugendring werden wegen der unsicheren Personalsituation sogar alle Platzzusagen nur unter Vorbehalt gemacht.
Die Folge: Die Wartelisten für Kita-Plätze wachsen. Wie viele Münchner Familien derzeit konkret auf eine Betreuungsmöglichkeit warten, ist aber schwer greifbar. Viele Träger nutzen für ihre Platzvergabe Anmeldeportale, die die ganze Stadt im Blick haben. „Es befinden sich viele Kinder auf den Listen, die bereits anderweitig eine Zusage erhalten haben“, erklärt Andrea Frauscher, Sprecherin des Münchner Kreisverband des Bayerischen Roten Kreuzes. Das städtische Referat für Bildung und Sport (RBS) teilt auf Nachfrage mit: „Da auf den Wartelisten auch Kinder stehen, die einen Betreuungsplatz wechseln wollen, sind diese nicht aussagekräftig“.
Familien, die trotz Warteliste keine Zusage erhalten, verweist das Referat an seine Elternberatung. Dort werde ihnen ein „bedarfsgerechter Betreuungsplatz“ in einer Kita, Eltern-Kind-Initiative oder Großtagespflege angeboten – etwa, wenn andere Eltern eine Zusage nicht annehmen. Zudem bestehe die Option, einer neuen Kita nur Kinder zuzuteilen, „die über das normale Zusageverfahren keinen Betreuungsplatz erhalten haben“.
Außerdem können Eltern den Anspruch auf frühe Förderung des eigenen Nachwuchses auch einklagen. Tatsächlich seien bei der Stadt bereits „einige wenige Klagen“ dieser Art eingegangen. In den meisten Fällen gehe es aber nicht um den Platz an sich, sondern um die Erstattung der Gebühren, da der Rechtsanspruch in jeder Kita erfüllt werden könne – unabhängig von den Kosten für die Familie.
Mit der Ankunft vieler Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine könnte sich die Kita-Situation in München heuer noch weiter verschärfen. Dabei – so das BRK – übersteige schon jetzt in jedem Stadtteil und in jedem Altersbereich die Nachfrage das Angebot“.
Träger: Stadt München Betreuungsplätze: 38 000 (inklusive Hort)
davon nicht belegt: „noch nicht absehbar“
Personalbedarf: 347 Fach- und 93 Hilfskräfte
Träger: Gemeinnützige Paritätische
Betreuungsplätze: 1758 (inklusive Umland)
davon nicht belegt: circa 15 Prozent
Personalbedarf: circa 20 Fach- und Hilfskräfte
Träger: Diakonie/Innere Mission
Betreuungsplätze: 1429 (inklusive Hort)
davon nicht belegt: circa 10,5 Prozent
Personalbedarf: 9 Fach- und 11 Hilfskräfte
Träger: Kreisjugendring
Betreuungsplätze: 562 davon nicht belegt: circa 11 Prozent Personalbedarf: circa 20 Fach- und Hilfskräfte
Träger: Bayerisches Rotes Kreuz
Betreuungsplätze: 875 in München und Umland
davon nicht belegt: circa 19,4 Prozent Personalbedarf: 15 bis 20 Fach- und Hilfskräfte
Träger: Arbeiterwohlfahrt
Betreuungsplätze: 4000 (inklusive Hort)
davon nicht belegt: circa 15 Prozent Personalbedarf: über 100 Fach- und Hilfskräfte
Quelle: www.hallo-muenchen.de