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Fachkräftemangel in München: Aktuelle Zahlen, Probleme - und was Gewerkschaften fordern

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Von: Sabina Kläsener

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Schwierige Tarifverhandlungen: Die Zeichen stehen in München auf Streik – im Öffentlichen Dienst und bei den Eisenbahnern.
Schwierige Tarifverhandlungen: Die Zeichen stehen in München auf Streik – im Öffentlichen Dienst und bei den Eisenbahnern. © dpa/Matthias Balk

Der Fachkräftemangel in München ist schon länger offensichtlich. Aktuelle Zahlen dazu, Forderungen der Gewerkschaften und Probleme dahinter im Überblick:

München ‒ 10 067 Stellen sind in München derzeit offen. Das zeigt die Statistik der Agentur für Arbeit – und das sind nur die, die gemeldet wurden. Allein beim Arbeitgeber Stadt München sind circa 4000 Stellen unbesetzt. „Das ist nur die Spitze des Eisberges“, erklärt Simone Burger, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) München. Gemeinsam mit Verbänden und Gewerkschaftsvertretern stellt der DGB Forderungen vor, wie man dem sich durch fast alle Branchen ziehenden Fachkräftemangel entgegenwirken müsse.

Zwei Faktoren kämen laut Burger zusammen: Die Boomer-Generation gehe in Rente, aber auch München als Standort boome. Es entstehen also immer mehr Jobs, die besetzt werden müssen. Neu sei die Entwicklung, dass mittlerweile rund 200 000 Menschen für die Arbeit aus München heraus pendeln.

Fachkräftemangel in München: Zu wenig Ausbildung als ein Hauptgrund

Es fehlen Bus- und U-Bahn-Fahrer, Elektriker – doch Sozialpädagogen stünden an der Spitze. 400 Abfertiger sucht der Flughafen. Im verarbeitenden Gewerbe komme im Bereich Fertigungstechnik zum Beispiel bei BMW ein Arbeitssuchender auf eine offene Stelle. „Ein idealer Schlüssel wäre aber mindestens drei Bewerber auf eine Stelle“, erklärt Sibylle Wankel von der IG Metall München. Auch in der Textilbranche und dem Kfz-Handwerk fehlen Beschäftigte. „Hier spricht man von einem Arbeitskräftemangel.“ Das gelte auch für Verleihfirmen.

Die Gründe: Es wird zu wenig ausgebildet. Teilweise gebe es zu wenig Plätze oder die Ausbildung sei zu unattraktiv, da nicht vergütet. Aber auch die teilweise körperlich harte Arbeit in der Fertigung, als Paketzusteller oder bei der Arbeit an Lastwagen schrecke ab.

Bei der Personalgewinnung berät Stefan Levko von „Recruting-Helden“ klein- und mittelständische Unternehmen im Raum München. „Arbeitgeber müssen flexibler werden, zum Beispiel beim Homeoffice. Und: Es wird ohne Zuwanderung nicht gehen.“ Anfragen aus dem Bereich IT-Administration lehne er mittlerweile ab. „Der Markt in München ist stark umkämpft und leer.“

Fachkräftemangel in München: Das fordern die Verbände ‒ wo sie ein Veto einlegen

Damit in München wieder mehr Fachkräfte arbeiten, müssten sich laut den Verbänden die Rahmenbedingungen ändern. Neben guten Löhnen sei die Tarifbindung entscheidend, sodass keine Bezahlung abseits der ausgehandelten Verträge mehr möglich sei. „Der Lohn entscheidet darüber, wo man arbeitet“, erklärt Tim Lünnemann, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in der Region München. Eine heftige Auseinandersetzung erwartet Isidoro Peronace, Geschäftsstellenleiter München der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft, bei den Verhandlungen mit der Bahn. Ab März seien auch Streiks möglich.

Um die Wende zu schaffen, brauche es Fachkräfte aus dem Ausland – mit einem fairen Einwanderungsgesetz. „Wir müssen die Arbeitskräfte aus dem Ausland schützen“, erklärt Burger.

Die teuren Lebenshaltungskosten spielen bei dieser Entwicklung eine große Rollen, besonders die hohen Mieten. Daher der Appell von Burger: „Die Zeit, um wieder Werkswohnungen zu bauen, ist jetzt.“

Mehr Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt sei laut Verbänden ebenso elementar wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie – für Frauen und Männer. „So simpel es klingt: Qualifizierung und Bildung für alle“, erklärt Simone Burger, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes München.

Das Renteneintrittsalter zu erhöhen wird in der Diskussion über den Fachkräftemangel immer wieder ins Spiel gebracht. „Die Rente mit 70 ist keine Lösung“, erklärt Burger. Es brauche gute Arbeitsbedingungen, die es ermöglichen, länger zu arbeiten. Aber: „Welche Berufsgruppen können bis 70 arbeiten?“, fragt Burger und verweist auf körperlich fordernden Arbeiten. „Für alle anderen ist die Rente mit 70 eine Rentenkürzung, da sie mehr Abschläge in Kauf nehmen müssen.“

Zahlen zum Arbeitsmarkt

In der Landeshauptstadt arbeiten aktuell 939 542 Beschäftigte – davon 26 Prozent in Teilzeit. 164 368 Beschäftigte sind 55 Jahre und älter, was einem Anteil von 17,5 Prozent entspricht. Zwischen 15 und 25 Jahren sind 8,7 Prozent, sprich 81 498 Beschäftigte. Am stärksten wächst der Bereich Information und Kommunikation: 8447 Beschäftigte mehr als im Vorjahr. Beim Sozialwesen, bei Erziehung und Wissenschaft sowie dem Gesundheitswesen kamen jeweils rund 1350 hinzu. Beim von Corona stark betroffenen Gastwesen gibt es ein Plus von 3235 – aber nicht alle Stellen sind besetzt.

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