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Foulspiel im Jugendfußball: Münchner Vereine gehen auf die Barrikaden

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Von: Andreas Schwarzbauer

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Michael Franke von der FT Gern will einen faireren Umgang im Jugendfußball.
Michael Franke von der FT Gern will einen faireren Umgang im Jugendfußball. © FT Gern

Einige Münchner Vereine haben sich nun zusammengeschlossen, um den Jugendfußball in Hinblick auf Transfers fairer zu machen. Woran sich die Vereine stören und was sie planen:

München - Professionelle Scouts werben sieben- und achtjährige Fußballer ab, Kinder haben mit zwölf Jahren schon für vier oder fünf verschiedene Vereine gespielt. Jugendliche hören nach dem geplatzten Profi­traum mit dem Sport komplett auf. Diese Entwicklungen hat Michael Franke, Vorsitzender der FT Gern, in der jüngeren Vergangenheit verstärkt beobachtet. Und er wollte etwas dagegen unternehmen. Deshalb hat er mit sieben weiteren Vereinen das Aktionsbündnis „Fairer Jugendfußball München“ gegründet.

„Einige Vereine betreiben ein aggressives Scouting und sprechen schon im Kleinfeldbereich Kinder an“, sagt Franke. Sie würden um Sieben- bis Elfjährige werben und diesen sowie ihren Eltern eine sportliche Ausbildung auf hohem Niveau sowie bestmögliche Förderung versprechen, die eine Chance auf eine Karriere im Leistungssport biete. „Es macht in diesem Alter aber nachweislich noch keinen Sinn, leistungs­orientiert zu trainieren. Die Vereine sollten stattdessen Spaß am Fußball vermitteln“, sagt Franke. Zudem verschwiegen die Scouts die Risiken eines Wechsels. Kaum ein Spieler schaffe den Schritt zum Profi und das rigorose Aussieben hinterlasse häufig psychische Schäden.

Bündnis für faireren Jugendfußball: Aggressives Scouting hinterlässt Lücken

Zwar gebe es dieses Problem schon länger, aber: „Früher waren es nur die Jugendabteilungen der Profivereine, die gescoutet haben. Inzwischen gibt es immer mehr kommerzielle Angebote, die an Vereinen dranhängen und in ganz München Fußballer rekrutieren“, sagt Franke. Für den Breitensport sei das zunehmend ein Problem. „Wenn bei uns drei oder vier Spieler weggeholt werden, haben wir eine Lücke. Außerdem hinterlässt es in einer Mannschaft Spuren, wenn die besten Fußballer gehen. Am Ende wird der Vereinsfußball erheblich beschädigt.“

Die Mitgliedsvereine des Bündnisses haben daher vereinbart, bei Wechseln untereinander sauberer zu kommunizieren und sich im Vorfeld gegenseitig zu informieren. „Ein Wechsel an sich ist legitim, aber der abgebende Verein sollte Gelegenheit haben, mit dem Spieler und den Eltern zu sprechen, damit er weiß, woran er ist. Nur dann kann er es in Zukunft besser machen.“

Derzeit sei es aber oft üblich, nur eine Benachrichtigung des Verbandes zu erhalten, dass ein Fußballer künftig woanders kicken will. Auf ein aktives Scouting im Jugendbereich wollen sie verzichten. Zudem will das Bündnis künftig Freundschaftsspiele und Turniere der Vereine, die beim Abwerben besonders negativ auffallen, boykottieren. Explizit nennt das Bündnis unter anderem die FT Freiham und die BFA Waldperlach.

Bündnis für faireren Jugendfußball: Kritisierter Verein nimmt Stellung

Der Vereinsleiter der FT Freiham, David Schneider, bestätigt, dass der Verein Scouts habe. „Als neu gegründeter Verein waren wir vor vier Jahren sehr aktiv, weil wir Spieler in einen Stadtteil holen mussten, den es noch nicht gab.“ Dabei sei auch aus seiner Sicht nicht alles gut gelaufen. Man habe daher die Mitarbeiter auf einige Richtlinien hingewiesen, beispielsweise andere Vereine vorab zu informieren.

„Wir versprechen nicht, dass jemand bei uns zum Profi wird“, sagt Schneider. Allerdings wolle der Verein den Nachwuchs bestmöglich fördern. „Wir sind ein gemeinnütziger Verein und wollen ein hohes Ausbildungsniveau anbieten. Die Kinder sollen die Möglichkeit haben, sich mit ähnlich starken Altersgenossen weiterzuentwickeln.“ Ein Aussieben finde nicht statt. „Wir sortieren niemanden aus. Jeder, der bei uns ist, kann so lange bleiben, wie er möchte.“ Die BFA Waldperlach meldete sich auf Nachfrage nicht.

Das sagt der Fußballverband

Michael Franke von der FT Gern sieht beim Thema Scouting im Nachwuchsbereich auch den Bayerischen Fußballverband (BFV) in der Pflicht. Dieser habe das Thema auf dem Schirm und es fänden dazu interne Diskussionen statt, sagt Münchens BFV-Kreisvorsitzender Frank Ludewig. In München gebe es eine Sondersituation. Der Wettbewerb sei wegen der örtlichen Nähe der Vereine besonders groß. Grundsätzlich sei es aber auch im Sinne des BFV, wenn die Kinder möglichst lange bei ihrem Heimatverein blieben. Dennoch könnten sie natürlich wechseln, wenn die Fristen eingehalten würden. Ludewig begrüßt die Gründung des Bündnisses. „Wenn sich die Vereine organisieren und absprechen, ist das klasse und gut für den Fußball. Es sollten möglichst viele Vereine dabei sein.“

Das Bündnis

Das Aktionsbündnis „Fairer Jugendfußball“ umfasst derzeit acht Vereine, die rund 200 Jugendmannschaften repräsentieren. Darunter sind neben der FT Gern auch der FC Wacker, der FC Teutonia, der TSV Solln und der ESV München. Sie wollen nicht nur beim Thema Scouting zusammenarbeiten, sondern sich auch bei der Organisation von Turnieren und Veranstaltungen unterstützen. Initiator Michael Franke hofft, dass sich noch mehr Vereine anschließen werden. Informationen gibt es unter michael.franke@ftgern.de.

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