Schmidt bemerkte im Teenager-Alter, dass etwas nicht stimmte. „Ich bin plötzlich im Unterricht eingeschlafen. Das wurde für mich zu einem Problem, als dies mit zunehmender Häufigkeit auch in den Leistungskursfächern passierte.“ Rémi bestätigt, dass die Erkrankung häufig zum Ende der Schulzeit auftritt. „Ein zweiter Gipfel sind die frühen 30er-Jahre.“
Schmidt fing an zu rauchen, weil ihn das Nikotin wacher machte. Er schaffte das Abitur mit Mühe, sein Studium musste er aber abbrechen. Er absolvierte eine Ausbildung im Hotel- und Gaststättenbereich. „Wenn ich in körperlicher Bewegung bin, passiert nichts. Aber sobald ich zur Ruhe komme, schlafe ich sofort ein.“
Lange Zeit wusste der Obersendlinger nicht, woran er litt. Oft erhielt er auch von Ärzten nur den flapsigen Rat, mehr zu schlafen. Ein Fernsehbericht über Narkolepsie brachte den Durchbruch. „Er erinnerte mich sehr an meine Schwierigkeiten und ich bin in ein Schlaflabor gegangen.“ Dort diagnostizierte man ihm die Krankheit – mit 29 Jahren. „Es ist nicht lebensbedrohlich, aber es beeinträchtigt den Alltag schon sehr. Man fühlt sich die ganze Zeit, als hätte man drei Tage nicht geschlafen und hat eine ständige Müdigkeit hinter den Augenlidern“, sagt Schmidt.
Aber nicht jeder, der müde ist, leide an Narkolepsie, erklärt Rémi. „Wenn Sie bei einer langen Autofahrt als Beifahrer einschlafen, ist das normal.“ Die Krankheit ist selten. Nur 0,04 Prozent der Deutschen seien davon betroffen. Neben der Schläfrigkeit kommt es oft zu einer Kataplexie, einem Muskelversagen. „Bei emotionaler Aufregung wie Lachen stürzen die Betroffenen in sich zusammen.“ Außerdem passiere es, dass sich Betroffene nach dem Aufwachen nicht bewegen können. „Es gehört zu Teilen unseres Schlafes, dass Muskeln gelähmt sind. Durch Narkolepsie wird das zum falschen Zeitpunkt ausgelöst. Die Lähmung dauert meist nur Sekunden“, sagt Rémi. Die Krankheit sei mit Medikamenten behandelbar, die wach machen und die Muskelschlaffheit verhindern.
Für Schmidt sind sie allerdings wegen der starken Nebenwirkungen keine Option. „Ich habe einige Taktiken, die mir helfen.“ Für ihn seien ein geordneter Tagesablauf und Sport wichtig. Außerdem trinkt er sehr viel Kaffee und nimmt Koffeintabletten. Weil er mit fortschreitendem Alter Phasen der Erholung benötigt, arbeitet er nur noch vier Tage in der Woche. Zudem sind für Schmidt ein bis zwei 30-minütige Power-Naps, also kurze Nickerchen, hilfreich. Auch eine Selbsthilfegruppe, die er inzwischen leitet, sei eine wichtige Unterstützung. „Oft fehlen die Worte, um die Krankheit zu beschreiben. Aber andere Betroffene wissen sofort, worüber man spricht.“
Die Selbsthilfegruppe Narkolepsie trifft sich alle zwei bis drei Monate bei der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, Orleansplatz 3. Meist kommen 15 bis 20 Betroffene aus ganz Oberbayern.
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