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Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus – nicht immer finden sich alle Gruppen wieder 

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Gedenkorte wie die Schule an der Türkenstraße werden leicht übersehen und oft als nicht würdevoll genug betrachtet.
Gedenkorte wie die Schule an der Türkenstraße werden leicht übersehen und oft als nicht würdevoll genug betrachtet. © Gabriele Winter

An zahlreichen Orten in München werden den Opfern des Nationalsozialismus gedacht, so unter anderem am Platz der Freiheit. Doch an dem Ort wird reichlich Kritik geübt...

Maxvorstadt / Neuhausen ‒ „Um an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern, kann man sich würdevollere Orte vorstellen als eine Verkehrsinsel am Mittleren Ring“, meint Michael Stahl. Der freie Autor hat das Buch „Der Platz der Freiheit und sein Denkmal. Gedenkort des Widerstands in München-Neuhausen“ veröffentlicht. „Mir geht es darum, dass an dem Platz was geschieht“, sagt Stahl, „denn es ist der einzige Gedenkort, der alle Opfer des Nationalsozialismus im Blick hat.“

Michael Stahl
Michael Stahl © privat

Stahl denkt dabei auch an die politischen Widerstandskämpfer, die nicht, wie Graf von Stauffenberg, in der Armee waren. Auf Stelen rund um den Stein am Platz der Freiheit wird unter anderem Opfern mit linkem politischen Hintergrund gedacht, wie dem Deserteur Franz Fellner oder Emma und Hans Hutzelmann, die der KPD nahe standen.

Die Stelen am Platz der Freiheit sind vorerst nur bis 2026 genehmigt.
Die Stelen am Platz der Freiheit sind vorerst nur bis 2026 genehmigt. © Gabriele Winter

Sondererlaubnis vom KVR

Im Jahr 1927 bekam das neu angelegte Areal den Namen Hindenburgplatz. Da Hindenburg Hitler einst zum Reichskanzler ernannt hatte, wurde der Platz 1946 von den Amerikanern zu Ehren der Opfer des Nazi-Regimes umbenannt. 40 Jahre nach Kriegsende wurde der Granitstein, der „Den Opfern im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ gewidmet ist, an dieser Stelle aufgestellt. Er stand zunächst als Provisorium auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus an der Brienner Straße. Nachdem dort eine Stele mit einem ewigen Licht errichtet wurde, kam der Stein auf die Verkehrsinsel an der Landshuter Allee.

Die Gedenksteine am Platz der Freiheit würden wenig beachtet werden.
Die Gedenksteine am Platz der Freiheit würden wenig beachtet werden. © Gabriele Winter

2016 ergänzte der Münchner Künstler Wolfram Kastner den Stein um zwölf Stelen. Darauf sind die Portraits und Geschichten von Menschen zu sehen, die auf unterschiedliche Weise Widerstand während der Nazi-Diktatur geleistet haben. Allerdings waren die Stelen nur als temporäres Mahnmal genehmigt worden, fanden aber großen Anklang bei der Neuhauser Bevölkerung. Daher wurde ihre Existenz vorerst mit Sondernutzungserlaubnis durch das KVR bis 2026 verlängert.

Aufwertung für Gedenkplatz

Auch das Denkmal für den gescheiterten Hitler-Attentäter Georg Elser führt ein Schattendasein. Um es wirklich gebührend wahrnehmen zu können, muss man zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Die Lichtinstallation leuchtet nämlich nur eine Minute am Tag an der Fassade der Grundschule an der Türkenstraße in der Maxvorstadt – um Punkt 21.20 Uhr. Am 8. November 1939 zündete Elser um genau diese Uhrzeit eine Bombe im Bürgerbräukeller, wo Adolf Hitler eine Rede hielt. Das Attentat scheiterte jedoch, denn Hitler hatte die Veranstaltung zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. Für die Vorbereitung des Attentats zog Elser im Sommer 1939 nach München. In der Maxvorstadt mietete er ein Zimmer. Das Denkmal befindet sich in unmittelbarer Nähe.

Stahl kann sich vorstellen, dass die Stelen, die allen Opfern des Nationalsozialismus gewidmet sind, am Platz der Freiheit bleiben. Er möchte auf jeden Fall, dass Gedenkorte wie dieser aufgewertet werden und „nicht zum Hundeklo verkommen“.

Stolpersteine

Sogenannte Stolpersteine werden am Donnerstag, 9. November, an folgenden Münchner Orten verlegt:

• 9 Uhr, Franz-Joseph-Straße 32 für Benno Ascher, ermordet in Auschwitz, Hermann Mainzer, Seldy Jenny Sarsky, Henriette und Leopold Schäfer und Martin Weiss

• 10 Uhr, Agnesstraße 10 für Babette und Siegfried AdlerBenjamin, Mathilde, Ludwig und Melanie Breisacher, Paula Buxbaum, Ernestine Fuchs, Clothilde und Melanie Katz, Gertrud Fanny, Michael, Hans Berthold und Rudolf Lewin, Robert Mand, Else und Wilhelm Samson, Felix, Harald und Bella Zernik.

Namenslesung

Im Alten Rathaus werden am Jahrestag der Reichspogromnacht Namen jüdischer Opfer verlesen. Die Veranstaltung am Donnerstag, 9. November, um 10 Uhr wird mit historischen Bildern illustriert. Unter ihnen sind die Fotos des Metallhändlers Hans Schloß und seiner Mutter Cornelia. Hans Schloß war Diabetiker und starb 1938 kurze Zeit nachdem er von den Nazis ins Konzentrationslager Dachau verschleppt worden war, weil er dort kein Insulin bekam. Seine Mutter Cornelia nahm sich daraufhin das Leben.

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