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Tolstoi-Bibliothek jetzt an der Aldringenstraße: Buchausleihe, Kulturtreff und Sozialberatung

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Von: Ursula Löschau

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Tatjana Erschow in der Tolstoi-Bibliothek in Neuhausen.
Tatjana Erschow in der Tolstoi-Bibliothek in Neuhausen. © Ursula Löschau

Die Tolstoi-Bibliothek in Neuhausen vermittelt zwischen Kulturen und will diese miteinander verbinden. Wie das Haus arbeitet, was der Leiterin besonders wichtig ist:

Neuhausen ‒ Neuhausen ist um ein außergewöhnliches kulturelles und soziales Angebot reicher: Die Tolstoi-Bibliothek ist an der Aldringenstraße 4 eingezogen, nachdem sie ihre bisherigen Räume an der Thierschstraße aufgeben musste. Am neuen Standort gibt es zunehmend öffentliche Veranstaltungen. Die bundesweit einzigartige Bibliothek mit rund 47 000 Büchern in russischer Sprache steht unter der Trägerschaft des Tolstoi Hilfs- und Kulturwerks. Dieses bietet auch kostenlose Sozialberatung und kinderpsychologische Betreuung für russischsprachige Menschen an. Hilfe, die aktuell besonders von Geflüchteten aus der Ukraine in Anspruch genommen wird.

Die Tolstoi-Bibliothek von innen.
Die Tolstoi-Bibliothek von innen. © Ursula Löschau

Tolstoi-Bibliothek in Neuhausen: Kulturpflege im Vordergrund

„Wir sind laut Satzung unpolitisch, neutral und überkonfessionell und tun hier vor Ort, was wir können,“ sagt Tatjana Erschow (64), Geschäftsführerin des Trägervereins und Leiterin der Bibliothek. Dazu gehören auch Deutschkurse für Erwachsene aus der Ukraine und eine Nachhilfegruppe für geflüchtete Kinder und Jugendliche sowie als jüngstes Angebot eine monatliche Gesprächsgruppe: „Da treffen sich Ukrainer und Russen, um in einem geschützten Raum über ihre Situation und ihre Gefühle zu sprechen.“

Parallel steht nach wie vor auch die Pflege und Vermittlung der russischen Kultur auf dem Programm. Neben der Ausleih-Bibliothek bietet der Verein an der Aldringenstraße nun regelmäßig Lesungen, Konzerte und Vorträge in russischer und deutscher Sprache an. „Wir wollen in unserem kleinen Rahmen hier völkerverbindend tätig sein“, sagt Erschow. Das Veranstaltungsprogramm laufe wegen des Krieges in der Ukraine jedoch langsam und leise an. Man wolle angemessen agieren, betont sie.

Infos zur Bibliothek oder zu Events gibt es unter www.tolstoi.de.

Tolstoi Hilfs- und Kulturwerk: Anlaufstelle für Tausende

1939 gründete Alexandra Tolstoy in den USA die Tolstoy-Foundation, um „Opfern kommunistischer Repression“ zu helfen. 1947 eröffnete die Einrichtung ein Büro in München. Sie unterstützte Flüchtlinge bei der Integration in Deutschland oder der Umsiedlung überwiegend nach Übersee. Betroffen waren nach Kriegsende Zigtausende sogenannter „displaced persons“ russischer Herkunft. Diese „heimatlosen Ausländer“ – Vertriebene, ehemalige Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter – galt es, vor der Zwangsrückführung in die Sowjetunion Stalins und der Verurteilung zu Straflager oder Tod zu schützen. 1949 gründeten russischsprachige Emigranten an der Ismaninger Straße die Tolstoi-Bibliothek.

1956 wurde die Tolstoy-Foundation in Deutschland eine rechtlich eigenständige Organisation, die 1972 in Tolstoi Hilfs- und Kulturwerk e.V. umbenannt wurde. Im selben Jahr zog die Bibliothek an die Thierschstraße. 1979 wurde das sogenannte Weiterwanderungsprogramm auf nichtrussische Flüchtlinge ausgedehnt und die Büros des Tolstoi Hilfs- und Kulturwerks und der Tolstoy-Foundation berieten jährlich rund 1000 Flüchtlinge für die Auswanderung in die USA, nach Kanada und andere Aufnahmeländer. 1992 wurde zusätzlich eine Sozialberatung eingerichtet, die sich an russischsprachige Menschen jeden Alters und jeder Herkunft richtet. 2021 fanden 4430 personenbezogene Beratungen statt. Tendenz stark steigend.

Termine und Veranstaltungen

Jeden zweiten Dienstag im Monat: Literaturclub

Der Literaturclub richtet sich vor allem an russischsprachige Jugendliche und junge Erwachsene, die sich für Lesen und Literatur interessieren. Natürlich sind auch junge Interessierte aller Nationalitäten herzlich zum Besuch des Literaturclubs eingeladen. Der Literaturclub findet in Kooperation mit dem Tolstoi Hilfs- und Kulturwerk e.V. und dem Verband der russischsprachigen Jugend in Deutschland JunOst e.V. (VRJD JunOst e.V.), München statt

18.30-20.30 Uhr / Eintritt frei

Jeden letzten Dienstag im Monat: „Spielend lesen!“ – zweisprachige Vorlesereihe für Kinder im Alter von 5 bis 9 Jahren, Leitung: Viktoria Schäfer

Aktives Zuhören, spielerischer und entdeckender Sprachgebrauch – dies weckt bei Kindern die Lesefreude. Die zweisprachige Vorlesereihe entwickelt einen selbständigen Umgang mit Büchern. „Wir lesen vor, es wird gespielt, gebastelt und russischsprachige Trickfilme angeschaut. Und das alles auf Russisch und Deutsch!“

Weitere Infos: Viktoria Schäfer unter Telefon 089 – 226241 oder Email: schaefer@tolstoi.de. 16.30-17.30 Uhr / Eintritt: 3,- Euro

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