Mit dem Ruhestand von Irmgard Wolf-Erdt endet eine 60-jährige Ära in der Stephanuskirche

Ende Februar geht Irmgard Wolf-Erdt in den Ruhestand und mit ihr auch die Position der Krankenhausseelsorgerin in der Stephanuskirche. Wie eine Nachfolge geplant ist...
Nymphenburg Eine schwerkranke Frau liegt im Sterben. Ihr letzter Wunsch: einen Segen für sie und die Liebe ihres Lebens sowie für ihre Tochter und deren Freund. Pfarrerin Irmgard Wolf-Erdt erfüllte diese Bitte vor nicht allzu langer Zeit auf der Palliativstation des Krankenhauses Barmherzige Brüder von Herzen gerne.

Jetzt gehört diese Begegnung zu den vielen bewegenden Erinnerungen, die die evangelische Krankenhausseelsorgerin mitnimmt, wenn sie Ende Februar in den Ruhestand geht. Mit ihrem Abschied endet zugleich eine 60-jährige Ära in der Stephanuskirche an der Nibelungenstraße. „Künftig wird es dort keine Pfarrstelle für die Krankenhausseelsorge mehr geben“, bedauert sie.
Irmgard Wolf-Erdt trat diese (halbe) Stelle im Januar 2011 an und hat seitdem Menschen in vier Kliniken im Stadtbezirk betreut: im Deutschen Herzzentrum, im Klinikum Dritter Orden und dem der Barmherzigen Brüder sowie im Krankenhaus Neuwittelsbach – mit zusammen rund 1200 Betten.

Seelsorge im Krankenhaus: Zehn Prozent weniger Stellen insgesamt im Dekanatsbereich München
Die evangelische Landessynode hat jedoch umstrukturiert und dieses Seelsorgeangebot im Juli 2021 bayernweit von dem der Kirchengemeinden abgekoppelt. Dies ist nach Auskunft von Pfarrer Klaus Schmucker, Leiter der Evangelischen Dienste im Dekanatsbezirk München, Teil der aktuell laufenden Landesstellenplanung. Deren Vorgabe: „Es werden insgesamt dekanatsweit in München rund zehn Prozent weniger Stellen sein als bisher.“ Die Gründe: sinkende Kirchensteuereinnahmen, viele Ruhestandseintritte und weniger Nachwuchs.
Schmucker erklärt: „Die Landeskirche muss also frühzeitig die Weichen für angepasste Personalkosten stellen und überlegen, wie wir mit weniger Personal auskommen.“ Dies betreffe sowohl die Stellen von Gemeindepfarrern als auch andere „funktionale Pfarrstellen“ vom Krankenhaus- bis zum Hochschulpfarrer.
Ein entsprechender „Verteilungsbeschluss“ für München soll im Oktober 2022 gefasst werden. „Danach erst steht fest, wie wir mit welchen Stellen an welchen Einsatzorten in die Zukunft gehen“, sagt Schmucker. Bis dahin bleibe auch offen, ob die halbe Stelle von Wolf-Erdt erneut besetzt werde.
Seelsorge im Krankenhaus: Angebot soll nicht wegfallen
Was die vier Krankenhäuser angeht, welche die Seelsorgerin bisher betreut hat, suche man nach Lösungen. Auch in Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche, denn drei der Häuser sind katholisch geführte Ordenskrankenhäuser, die laut Schmucker „erfreulicherweise gut mit Seelsorgenden ausgestattet sind“.
Überhaupt werde im Krankenhausbereich eng ökumenisch kooperiert. „Das Befruchtende, dass wir hier gelebte Ökumene haben, fällt aber weg“, sagt Wolf-Erdt mit Blick auf ihren Weggang. Zudem steht sie der Trennung von Krankenhausseelsorge und Kirchengemeinden grundsätzlich skeptisch gegenüber. „Beide Dienste brauchen einander“, findet die 65-Jährige.
Seelsorge im Krankenhaus: „Ohne Angst Abschied nehmen“
Dass sie ihren Schwerpunkt in der aufsuchenden Seelsorge setzen möchte, war ihr früh klar. „Pfarrerin wollte ich immer so sein: nahe bei den Menschen, auf Augenhöhe und als Gegenüber.“ Nach ihrem Vikariat 1984 in Karlsfeld absolvierte sie dafür eine spezielle Ausbildung als Supervisorin in Klinischer Seelsorgeausbildung in den USA.
Ihre langjährige Erfahrung: „Wenn man den inneren Menschen aufrichten kann, dann geht es auch mit dem äußeren Menschen, dem Körper, einfach wieder ein Stück weiter.“ In anderen Fällen geht es darum, dass Sterbende und deren Angehörige „ohne Angst Abschied nehmen“ können.
„Wir können nicht flächendeckend alle Patienten besuchen, sondern vertrauen darauf, dass Gott uns zu den Richtigen führt und wir dann kommen, wenn wir gebraucht werden.“ Und das im Notfall 24 Stunden am Tag.
Seelsorge im Krankenhaus: Umverteilung von Zuständigkeiten möglich
Schmucker versichert: „Ein Wegfall von bisher besetzten Stellen bedeutet noch nicht zwingend, dass die Aufgaben nicht mehr wahrgenommen werden. Es kann dann Umverteilungen von Zuständigkeiten geben. Aber soweit sind wir noch nicht.“ Zudem koordiniere seine Dienststelle weiterhin Vertretungen. „Die Kollegen fallen jetzt nicht ins ‚Leere‘ einer Soloexistenz.“
Auch umziehen müsse niemand. „Wer unter anderen Bedingungen eine Krankenhauspfarrstelle angetreten hat und in einer Dienstwohnung lebt, kann solange zu gleichbleibenden Konditionen dort bleiben, bis er/sie die Stelle wechselt oder in den Ruhestand geht.“ Wie Wolf-Erdt, die gerade ihre Dienstwohnung räumt und wieder nach Weilheim zieht.
Quelle: www.hallo-muenchen.de