„Die Archive befinden sich in einem gewaltigen Umbruch, der darauf abzielt, alle Dienstleistungen und Arbeitsprozesse elektronisch abwickeln zu können. Mit der Archivierung digitaler Unterlagen steht dabei nichts weniger als die Zukunftsfähigkeit der Archive auf dem Spiel“, sagt der neue Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns.
Die schnelle Entwicklung der IT-Technik sei dabei eine der größten Herausforderungen. Schließlich sollen auch die elektronischen Unterlagen, die von allen bayerischen Behörden, aber auch von nichtstaatlichen Einrichtungen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gesammelt werden, „in vielen hundert Jahren noch benutzt werden können“, betont Grau.
Nachfrage und Nutzer gibt es viele: „Wir sind Dienstleister für die abgebenden Stellen und für die Forscher.“ Zu Letzteren gehören Wissenschaftler ebenso wie Heimat- und Familienchronisten. Im Kriegsarchiv an der Leonrodstraße zum Beispiel lagern die ältesten Luftaufnahmen Bayerns sowie die sogenannten Stammrollen der Angehörigen der bayerischen Armee bis 1919.
Auch bei rechtlichen Fragen suchen viele Bürger Antworten in den Staatsarchiven, beispielsweise in Unterlagen der Baugenehmigungsbehörden. „Die Archive haben eine gesamtgesellschaftliche Funktion und sind Anlaufstellen für viele aktuelle Fragestellungen des öffentlichen Lebens“, erklärt Grau. So dienten die Staatsarchive den neueren Recherchen zum Olympia-Attentat vor 50 Jahren und zum Oktoberfest-Attentat 1980 in München.
„Es ist ein so abwechslungsreiches und vielseitiges Berufsfeld“, schwärmt der Vollblut-Archivar. Aufgewachsen in Planegg – als Sohn eines Archivars – studierte Bernhard Grau an der Ludwig-Maximilians-Universität Geschichte und Rechtsgeschichte. Seit 1996 ist er in der bayerischen Archivverwaltung tätig, zuletzt ab 2018 als Leiter des Bayerischen Hauptstaatsarchivs. Darüber hinaus unterrichtet er an der Bayerischen Archivschule, die er einst selbst besuchte und deren Vorgesetzter er nun ist. Sie ist bundesweit die einzige ihrer Art.
Das Hauptstaatsarchiv an der Schönfeldstraße 5 zeigt von Dienstag, 20. September, bis Freitag, 28. Oktober, eine Ausstellung über die Gemeindegebietsreform 1972. „Dazu haben wir unglaubliche Mengen an Quellen“, sagt Bernhard Grau. Er weiß: „Der neue Zuschnitt von Gemeinden und Landkreisen beschäftigt die Menschen bis heute.“ Ein Indiz dafür sei die Wiedereinführung ehemals abgeschaffter, alter Fahrzeug-Kennzeichen. Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten des Lesesaals bei freiem Eintritt zu sehen.
Mit dem Hallo München-Newsletter täglich zum Feierabend über die wichtigsten Geschichten aus der Isar-Metropole informiert.