Ärger um Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten ‒ Münchens OB Reiter fürchtet Verdrängung der Wohnbevölkerung

Wegen einem Gerichts-Urteil zum Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten wendet sich Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) über das gesetzlichen Vorkaufsrechte in Erhaltungssatzungsgebieten (sog. Milieuschutzsatzungsgebieten) hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt - auch in München. In einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz und Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, bittet Oberbürgermeister Dieter Reiter diese, sich für eine schnelle Änderung der Regelungen im Baugesetzbuch einzusetzen.

Durch das Urteil könne das Vorkaufrecht bundesweit und insbesondere in großen Stadt wie München, Hamburg und Berlin kaum mehr ausgeübt werden. Dadurch würden erhebliche Folgen für die Wohnbevölkerung in diesen Gebieten entstehen.
Ziel dieser Änderung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen sollte sein, dass die Anwenderstädte künftig bei in Erhaltungssatzungsgebieten liegenden Grundstücken vollumfänglich von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen können, wenn eine nicht erhaltungssatzungskonforme Nutzung durch den bzw. die Käufer und damit eine Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung zu befürchten ist.
Zudem solle im Baugesetzbuch vorgenommen werden, dass der Käufer die Ausübung des Vorkaufsrechts in Erhaltungssatzungsgebieten nur abwenden kann, wenn er Bindungen (z. B. in Form von Unterlassungspflichten) eingeht, die die Wahrung der Ziele und Zwecke der Erhaltungssatzung auch für die Zukunft sicherstellen.
Laut Oberbürgermeister Dieter Reiter könne die Entscheidung des BVerwG dem Vorkaufsrechts in Erhaltungssatzungsgebieten (und der Entgegennahme von Verpflichtungserklärungen der Käufer mit entsprechenden Bindungen) entgegensteht.
Ärger um Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten nach BVerwG-Urteil
Die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung sei in den Gebieten maßgeblich dadurch gefährdet, dass die Wohnungen aufgrund ihrer Lage das gesteigerte Interesse finanzkräftiger Mieter finden und dadurch eine Verdrängung einkommensschwächerer Mieter stattfindet. Diese Veränderung lasse sich dadurch verhindern, dass die Miethöhe begrenzt wird und/oder der Kreis der berechtigten Mieter an das Einkommen gekoppelt wird.
Zurzeit gebe es in München 36 Erhaltungssatzungen mit dem Ziel, die angestammte Wohnbevölkerung zu erhalten und Verdrängungseffekte durch Druck auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken. Durch die Verdrängung würden einseitige Bevölkerungsstrukturen in den Stadtvierteln entstehen, die den sozialen Zusammenhalt in München gefährden.
Neben dem Genehmigungsvorbehalt, der Modernisierungsbeschränkungen und Aufteilungsverbote bei baulichen Änderungen bzw. Nutzungsänderungen vorsieht, habe sich das aber Vorkaufsrecht anlässlich des Verkaufs eines Grundstück als deutlich effektiveres Instrument erwiesen.
Außerdem sah die Münchner Vorkaufsrechtpraxis bis zur Entscheidung des BVerwG vor, dass Käufer das Vorkaufrecht abwenden konnten, wenn sie eine Verpflichtungserklärung mit entsprechenden Bindungen entgegennahmen. Dies ermöglichte verdrängten Mietern, Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zu finden und nicht vollständig aus dem Gebiet verdrängt zu werden.
Zudem seien Bestandsmieter, die unterhalb bestimmter Einkommensgrenzen liegen, durch eine Begrenzung der Mietzinsanpassung geschützt worden.
Quelle: www.hallo-muenchen.de