Verbraucherberatung in Aubing gut angenommen – steht aber vor dem Aus

Am Westkreuz und in Neuaubing können sich Bürger zu Finanz- und Energiethemen beraten lassen. Doch das Angebot könnte bald eingestampft werden...
Westkreuz ‒ Die Nachfrage ist derzeit so groß wie nie, dennoch soll das Angebot „Verbraucher stärken im Quartier“ in Neuaubing und am Westkreuz bald eingestellt werden. Im Rahmen dieses Projektes der Verbraucherzentrale beraten Patrick Siskov und Larissa Zwingel vor Ort die Bürger zu Handy-Verträgen, Mahnschreiben, Nebenkostenabrechnungen und Verkaufsfallen im Internet. Doch im Juni läuft die Finanzierung durch den Bund aus. Der BA nimmt jetzt die Stadt in die Pflicht.
Noch bieten Siskov und Zwingel wöchentlich eine kostenlose Sprechstunde im Stadtteilladen am Westkreuz an. Sie besuchen verschiedene Institutionen wie den Jugendtreff Neuaubing oder das Alten- und Servicezentrum oder halten Vorträge an Schulen. „Der Bedarf ist groß, denn das Thema Verbraucherschutz ist noch nicht so in den Köpfen drin. Oft lassen sich die Leute abzocken und wissen nicht, dass es auch vertragliche Regelungen gibt, an die sich Unternehmen halten müssen“, sagt Siskov. Er und seine Kollegen klären seit 2019 über die Rechte und Unterstützungsangebote auf.
Beratungsangebot der Verbraucherzentrale in Aubing vor dem Aus: die Gründe
Die Verbraucherzentralen haben das bundesweite Projekt, das auch in Hamburg, Mannheim oder Saarbrücken läuft, entwickelt, um die Menschen zu erreichen, die selten den Weg in eine ihrer Beratungsstellen finden. Am Westkreuz und in Neuaubing gebe es einen entsprechenden Bedarf, sagt Siskov. Das zeigten auch die Besucherzahlen. Nachdem die Corona-Pandemie das Projekt zum Start ausgebremst hatte, werde das Angebot inzwischen gut angenommen.
Durchschnittlich 20 Besucher kämen derzeit zur Sprechstunde. „Ich habe das Gefühl, dass wir jetzt richtig angekommen sind“, sagt er. Aufgrund der Energiekrise steige die Nachfrage sogar. „Viele Leute kommen mit ihren Strom- und Gasabrechnungen zu uns.“ Es gebe Probleme mit Anbietern, die falsche Versprechungen bei den Preisen machen oder nach einer Erhöhung keine Kündigung akzeptieren wollen, obwohl der Kunde das Recht dazu hätte.
Umso bitter, dass im Juni das Ende droht. „Verbraucher stärken im Quartier“ wird nur für vier Jahre gemeinsam von Innen- und Justizministerium gefördert. Anschließend müsste die Stadt die Kosten übernehmen. Danach sieht es in München derzeit allerdings nicht aus.
Beratungsangebot der Verbraucherzentrale in Aubing vor dem Aus: Das fordert der Bezirksausschuss
„Wir bräuchten aber noch mehr Zeit“, sagt Siskov. Im Optimalfall sollte es seiner Meinung nach sogar eine dauerhafte Anlaufstelle im Viertel geben. Unterstützung erhält er vom örtlichen Bezirksausschuss. Das Gremium bittet darum, das Projekt weiterzuführen. Das Sozialreferat soll mit der Verbraucherzentrale ein Finanzierungskonzept für die 180.000 bis 200.000 Euro entwickeln, die jährlich benötigt werden.
„Im Stadtbezirk wohnen viele Menschen, die im Umgang mit Verträgen unsicher sind und Unterstützung benötigen“, heißt es im Antrag. Initiatorin Dagmar Mosch (Grüne) sagt: „Mein Wunsch ist, dass die Arbeit fortgeführt wird, denn die Welt ist kompliziert geworden. Für viele ist es oft nicht zu überblicken, welche Auswirkungen beispielsweise das Ausfüllen eines Versicherungsantrags hat.“
Beratungsangebot der Verbraucherzentrale in Aubing vor dem Aus: Das sagen Verbraucherzentrale und Stadt
Durch das Projekt würden zudem die sozialen Einrichtungen entlastet, an die sich die Menschen ansonsten häufig mit entsprechenden Fragen wenden würden. „Eigentlich bräuchten wir in ganz München solche Anlaufstellen“, meint Mosch. Auch die Verbraucherzentrale Bayern zieht ein positives Resümee. „Es ist bisher gut gelaufen und war eine wichtige Unterstützung für unsere Arbeit. Wir erreichen durch die aufsuchende Arbeit mehr vulnerable Gruppen“, sagt Felix Laufenberg.
Er kann sich vorstellen, dass die Stadt eventuell nur übergangsweise einspringen müsste. Es gebe Signale, dass der Bund „Verbraucher stärken im Quartier“ längerfristig finanziere - allerdings erst mit Beendigung aller Pilotprojekte Ende 2024.
Das zuständige Planungsreferat teilt mit: „Im Anschluss an das Modellprogramm erfolgt eine Evaluierung, in der untersucht wird, inwieweit das Programm erfolgreich war. Ob das Programm anschließend über städtische Mittel weitergeführt werden kann, muss auch vor der angespannten Finanzsituation der Landeshauptstadt München gesehen werden.“
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