Weniger Übergriffe, mehr K.O. Tropfen ‒ Die Halbzeit-Bilanz der Aktion „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“

Auf dem Oktoberfest in München kommt es immer wieder zu sexueller und körperlicher Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Die Aktion „Sichere Wiesn“ zieht Halbzeit-Bilanz...
München ‒ Speziell für Frauen ist das Oktoberfest oft kein sicherer Ort. Mit der Aktion „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“ wird dagegen seit über 20 Jahren vorgegangen. In einem Schutzraum im Servicezentrum (siehe Infokasten) bietet sie Frauen Hilfe an.
Nach der ersten Woche der diesjährigen Wiesn haben die Projektverantwortlichen eine erste Bilanz gezogen.
Halbzeit-Bilanz der Aktion „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“ in München
Bisher gab es mit 143 Fällen weniger als im Vorjahr, in dem 228 verzeichnet wurden. Damit liegt die Zahl der hilfesuchenden Frauen ungefähr auf dem Vor-Corona-Niveau.
Diese Tendenz liegt laut Kristina Gottlöber, Mitorganisatorin der „Sicheren Wiesn“, zum einen an der „sich wieder normalisierenden Partykultur“. Man habe sich nach der pandemiebedingten Feierpause mittlerweile wieder an Gedränge und Menschenmassen gewöhnt.
Zum anderen spiele auch das gute Wetter eine Rolle: „Wenn es sonnig und warm ist, haben die Menschen weniger Druck, in die Zelte zu gehen und die Stimmung ist entspannter“, erklärt Gottlöber.
Sexuelle und körperliche Gewalt auf der Wiesn
Bei elf Fällen handelte es sich in diesem Jahr um sexuelle oder körperliche Gewalt. Eine Vergewaltigung sei nicht dabei gewesen.
2022 wurden zum gleichen Zeitpunkt 21 Fälle im Bereich der sexuellen oder körperlichen Gewalt vermerkt. 23 Frauen suchten den Schutzraum aufgrund einer psychischen Krise auf.
In sieben Fällen bestand der Verdacht, dass K.O.-Tropfen verabreicht wurden. Vor Ort habe man dies aber nicht direkt nachweisen können. Im Vorjahr habe es in der ersten Woche nur drei Verdachtsfälle gegeben.
Etwa ein Drittel der Frauen kam aus München. Mit etwa 78 Prozent war der Großteil der Klientinnen unter 30 Jahre alt.
Für einen Wiesn-Tourist geht es wegen sexueller Belästigung in München vor den Haftrichter. Der Exhibitionist rieb sein Glied im Festzelt an einer Frau.
„Sichere Wiesn“ bieten Frauen und Mädchen Hilfe
Für die 143 Fälle leistete das Team der „Sicheren Wiesn“ insgesamt 339 Hilfeleistungen. Dazu gehören beispielweise Beratung, Begleitung sowie die Ausleihe von Kleidung oder Geld. Hinzu kommt die Vermittlung professioneller Nachsorgeangebote.
Um Frauen einen sicheren Heimweg zu gewähren, kooperiert die Aktion mit dem Münchner Taxiunternehmen IsarFunk, das der Aktion jährlich Gutscheine zur Verfügung stellt.
Mit rund 30 Prozent wendete sich ein Großteil der Hilfesuchenden wegen verlorengegangener Bezugspersonen und Wertgegenstände an die Mitarbeiterinnen.
Das Team der „Sicheren Wiesn“ rät, solchen Vorfällen gezielt vorzubeugen. „Man sollte die Handynummer wichtiger Bezugspersonen separat notiert, einen Treffpunkt ausgemacht und ein wenig Geld in der Dirndltasche haben. Sonst gerät man schnell in problematische Situationen“, rät Mitorganisatorin Manuela Soller.
Sollte dennoch etwas passieren, findet man im Schutzraum sowie auch unter der Nummer 110 bei der Wiesnwache Hilfe.
Aktion „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“
Von schweren Fällen, wie einem sexuellen Übergriff, bis hin zum Unwohlsein: Jeder Grund ist Grund genug, um beraten oder anderweitig unterstützt zu werden. Jeden Abend sind zwölf ehrenamtliche Helferinnen und zwei Facharbeiterinnen vor Ort. Das Angebot am Schutzraum ist kostenlos, auf Wunsch anonym und richtet sich an alle Personen, die sich als Frauen identifizieren.
Der Schutzraum der „Sicheren Wiesn“ ist im Servicezentrum auf der Theresienwiese hinter dem Schottenhamelzelt (Eingang „Erste Hilfe“) zu finden. Montags bis donnerstags ist er von 18.00 bis 1.00 Uhr offen, Freitag bis Sonntag sowie an Feiertagen bereits ab 15.30.
Die Wiesn in München hat die erste Hälfte hinter sich. Es feierten mehr Besucher als beim letzten Oktoberfest vor Corona. Was Polizei, Feuerwehr und Sanitäter sagen...
Leonie Forth
Mit dem Hallo München-Newsletter täglich zum Feierabend über die wichtigsten Geschichten aus der Isar-Metropole informiert.