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Haushalsdebatte: München gibt 15 Milliarden Euro aus - Opposition wettert: „Verfrühstücken unsere Reserven“

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Große Debatte zum Haushalt in München.
Große Debatte zum Haushalt in München: mit (v.l.) Florian Roth, Anne Hübner, Manuel Pretzl, Brigitte Wolf und Jörg Hoffmann.  © Bodmer

Die Stadt ist in finanzieller Hinsicht dank unerwartet hoher Gewerbesteuereinnahmen gut durch das Corona-Jahr 2021 gekommen. Dennoch dürfte München aufgrund immenser Zukunftsinvestitionen auf ein Rekordschulden-Niveau zusteuern. Dies wurde bei der Haushaltsdebatte deutlich.

München - Die Prognosen waren düster, doch die Stadt ist laut Kämmerer Christoph Frey (SPD) bislang besser als erwartet durch die Corona-Pandemie gekommen. Verantwortlich dafür sind vor allem Rekordeinnahmen bei der Gewerbesteuer in Höhe von 3,3 Milliarden Euro. Statt eines Defizits von knapp 500 Millionen Euro weist der Ansatz für den Verwaltungshaushalt 2022 daher ein Plus von 174 Millionen Euro aus. Der Haushalt wurde am Mittwoch mit den Stimmen von Grünen und SPD beschlossen – gegen die Stimmen der Opposition.

München: Der Schuldenstand wird auf 2,6 Milliarden Euro anwachsen

OB Dieter Reiter (SPD) zeigte sich erfreut, dass die Stadt dadurch frei werdende Stellen in den einzelnen Referaten wieder nachbesetzen könne. Im Vorjahr hatte Grün-Rot hier Einsparungen vorgenommen. Nun ist ein zusätzliches Personalbudget in Höhe von 20 Millionen Euro im laufenden Jahr möglich.

Das Investitionsvolumen für 2022 beträgt 1,83 Milliarden Euro, davon entfallen allein 700 Millionen Euro auf den Bau von Schulen und Kitas. Der Schuldenstand der Stadt wird laut Planansatz von aktuell 1,5 Milliarden bis zum Jahresende auf 2,6 Milliarden Euro anwachsen. Das Rekord-Minus von 2004 (3,4 Milliarden Euro) dürfte bereits 2023 übertroffen werden – zumal auch in den kommenden Jahren gewaltige Investitionen geplant sind. Rund 15 Milliarden Euro sollen ausgegeben werden, die Hälfte allein bis 2025. Unter anderem schlägt der Ausbau des Nahverkehrs mit circa 860 Millionen Euro zu Buche. Die Tieferlegung der S8 bei Johanneskirchen soll bis zu 1,8 Milliarden kosten. Das Wohnbauprogramm bis zu 920 Millionen Euro, der Umbau des Gasteigs 450 Millionen Euro. Da wirken die Sanierung des Viktualienmarkts (70 Millionen Euro) oder die Sanierung des Rathauses mit veranschlagten 150 Millionen Euro fasst schon wie Peanuts.

SPD-Chefin Anne Hübner: „Wohnen ist die wesentliche soziale Frage in der Stadt“

Grünen-Fraktionschef Florian Roth fasste das Leitbild der grün-roten Koalition unter dem Motto „Mehr Zukunft wagen“ zusammen. Er sprach von einem „sozial-ökologischen Bündnis“, das sich die Verkehrswende in der Stadt sowie Klimaschutz und Wohnungsbau auf die Fahnen geschrieben habe. Roth: „Wir wollen unsere Ziele nachhaltig und sozial gerecht umsetzen.“ Dafür würden zum Beispiel jeweils 100 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in den Klimaschutz und Wohnungsbau investiert. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Anne Hübner betonte: „Wohnen ist die wesentliche soziale Frage in der Stadt.“ Verkehrspolitisch bezeichnete sie den Neubau von Trambahnlinien als essenziell.

CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl prophezeite angesichts der investiven Vorhaben von Grün-Rot ein Finanzdesaster bis zum Jahr 2025: „Wir verfrühstücken all unsere Reserven.“ Bei den Gewerbesteuereinnahmen handele es sich um einen wohl einmaligen Geldsegen. Die Zielzahl von 2000 statt 1500 neuer städtischer Wohnungen pro Jahr sei zwar begrüßenswert, überfordere aber in der Praxis die Baugesellschaften. Zur Verkehrspolitik der Rathaus-Regierung sagte Pretzl: „Die Koalition sollte lieber ein paar Radwege nach hinten schieben, als an der Zukunft unserer Kinder und Schulbaumaßnahmen sparen.“

München: Rathaus-Opposition wirft Grün-Rot Versäumnisse bei der Digitalisierung vor

Roth und Hübner widersprachen dieser Einschätzung entschieden. Laut Roth werden im Jahr 2022 rund 20 Millionen Euro für den Neubau von Radwegen ausgegeben, was etwa einem Prozent des gesamten Investitionshaushalts entspreche. Hübner hielt Pretzl entgegen: „Die Kritik, dass der städtische Haushalt Bankrott gehen wird, ist eine maßlose Übertreibung.“

FDP-Chef Jörg Hoffmann unterstellte der Koalition eine „grundlegende Wirtschaftsfeindlichkeit“ und Versäumnisse bei der Digitalisierung der Verwaltung. Linke-Stadträtin Brigitte Wolf mahnte ebenfalls „Beschleunigungen im IT-Bereich“ an. Zudem kritisierte sie, viele Referate seien unterbesetzt, und zahlreiche Projekte der Verkehrswende und der Klimaanpassung würden von Grün-Rot nur zögerlich angegangen.

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