Hexen: So wurden sie in München verfolgt

Der ZDF-Film "Seelen im Feuer" am Montag thematisierte die Hexenverfolgung in Europa. Auch München war Teil dieser dunklen Vergangenheit: ein Einblick in diese Zeit.
Million
en von Menschen haben Montag Abend mitgezittert, als im ZDF Seelen im Feuer lief. Haben gelitten mit der Apothekerin Johanna, die im Bamberg des 17. Jahrhunderts ins Visier der Hexenjäger geriet. Tatsächlich haben die Hexenverfolgungen weite Teile Mitteleuropas in Blut getaucht und viele unschuldige Menschen ins Feuer gestoßen. Auch München war Teil dieser dunklen Vergangenheit. tz-Fotograf und Autor Heinz Gebhardt gibt uns hier einen Einblick in diese Zeit – mit historischen Dokumenten und mit den Schauplätzen des Grauens, an denen es heute ganz harmlos zugeht:
Münchens dunkle Vergangenheit
Töten im Namen der eigenen Religion, in Gottes Namen, ist nicht richtig“: Das ist das Gefühl, das Papst Franziskus jüngst in Worte gefasst hat, als er auf die Terrorereignisse in Paris angesprochen wurde. Wobei natürlich auch die katholische Kirche keinesfalls frei von Schuld ist. Franziskus erinnerte an Religionskriege und andere Verbrechen, die im Namen der Kirche begangen wurden. „Wie viele Religionskriege sind gekämpft! Denken Sie an die Massaker von St. Bartholomäus! Wie Sie sehen, haben auch wir solche Sünden begangen, aber Töten im Namen Gottes ist nicht recht, es ist ein Irrweg.“ Aus Freude über die rund 3000 ermordeten Hugenotten (französische Protestanten) in der Bartholomäusnacht 1572 ließ der damalige Papst Gregor XIII. sogar eine Gedenkmünze prägen …
Nicht nur in Fr

ankreich, sondern auch hier in München wurde damals grausam gemordet. Vor 400 Jahren erlebte München den Höhepunkt des dunklen Kapitel der Stadtgeschichte: Im Februar 1615 wurde der Jesuit Jeremias Drexel von Kurfürst Maximilan I. als Hofprediger nach München berufen, und beide inszenierten eine beispiellose Hexenjagd in Bayern. Allein in München wurden an der Stelle des heutigen Busbahnhofs an der Hackerbrücke an die 200 Frauen und Mädchen bei lebendigem Leibe verbrannt.
„Ich rufe auf Befehl Gottes und so laut ich kann: Lasset die Hexen nicht leben! Mit Feuer und Schwert ist diese schlimmste menschliche Pest zu vertilgen“, predigte der Drexel damals von der Kanzel der gerade eingeweihten Michaelskirche. Dass durch Hexenprozesse auch Unschuldige bestraft werden könnten, ließ er ebenso wenig gelten wie den Einwand, dass sich die Zahl der Hexen trotz jahrzehntelanger Verfolgung offensichtlich nicht verringert hatte. Vielmehr war für ihn die Tatsache, dass die Obrigkeit „so viel tausend dieses höllischen Pöbels“ hatte verbrennen lassen, bereits Beweis genug, dass Hexen tatsächlich existierten.
Der erste große H

exenprozess in München war schon einige Jahre zuvor abgelaufen, anno 1590. Unter Vorsitz des Stadtoberrichters Christoph Riemhofer wurden „vier Weibspersonen wegen Hexerei zum Feuertod“ verurteilt: Anna und Brigitta Anbacher, Regina Lutz und Regina Pollinger. Sie hätten Geschlechtsverkehr mit dem Teufel gehabt, seien nachts durch die Lüfte über die Felder Münchens gefahren und hätten sie verwüstetet. Alle vier wurden lebendig verbrannt. Um Hexen in München ausfindig zu machen, wurde Jörg Abriel, ein Henker und Hexenspezialist aus Schongau, eigens nach München geholt. Hexen erkannte man an ihren „Hexenmalen“: Muttermale, Leberflecke oder Hautabschürfungen. Wenn sie beim Hineinstechen mit einer Nadel nicht bluteten, galt das als sicheres Zeichen für eine Hexe.
Münchens große Hin

richtungsstätte lag genau an der Stelle des heutigen Busbahnhofs an der Hackerbrücke. In der Regel wurden die Frauen an einen senkrechten Baumstamm gebunden und verbrannt. Waren sie gebrechlich oder in hohem Alter, verkürzte der Henker die Hinrichtung, indem er sie am Baumstamm mit einer Zwinge vorher erdrosselte. Jungen Mädchen wurde als Gnadenerweis manchmal ein Säckchen Schwarzpulver an den Hals gebunden, das beim Höhersteigen der Flammen explodierte und den Hals zerriss, bevor der Körper verbrannte. Die zum Feuertod verurteilten Frauen und Mädchen mussten die Kosten für ihre Verbrennung selbst bezahlen: Der Henker bekam 40 Gulden, die nötigen fünf Klafter Holz kosteten sieben Gulden und 30 Kreuzer, zwei Schober Stroh vier Gulden und die 15 Pechkränze zum Anzünden je 30 Kreuzer. Nur wenn die „Hexe“ mittellos war und keine Verwandtschaft dafür aufkommen konnte, bezahlte den Scheiterhaufen die Stadtkasse. Das letzte Hexenfeuer brannte in München 1721 für die Stallknechtstochter Dellinger, die erdrosselt und dann verbrannt wurde.
Die Münchner Hexenverbrennungen wurden in den 70er-Jahren vom Direktor des Münchner Stadtarchivs, Dr. Michael Schattenhofer, erforscht und sind nachzulesen im 109. Band des Oberbayerischen Archivs des Historischen Vereins von Oberbayern.
Heinz Gebhardt