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Hier kommt Münchens Energie her: Die Ökostrom-Offensive rollt

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Von: Peter T. Schmidt

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Die Stadtwerke München (SWM) treiben den Ausbau der erneuerbaren Energien voran.

München - Im Onshore-Park Raskiftet in Norwegen ist jetzt die erste Windenergieanlage errichtet worden. Am Münchner Kraftwerk Süd ist die erste Geothermie-Bohrung vollendet und liefert mehr Heißwasser als erwartet.

Bohrungen an der Thalkirchner Straße bringen Erfolg

Seit Ende April war die Bohranlage auf dem Kraftwerksgelände an der Thalkirchner Straße rund um die Uhr in Betrieb. Jetzt melden die Ingenieure den ersten Erfolg: In 2800 Meter Tiefe stießen sie auf die erwarteten Heißwasservorkommen. Die sind sogar noch ergiebiger als erhofft: Bei einem Pumpversuch sprudelten 120 Liter Wasser pro Sekunde mit einer Temperatur von mehr als 100 Grad aus dem Bohrloch – jede Menge Energie, die mittels Wärmetauschern ins Fernwärmenetz abgegeben werden soll. Zunächst muss jedoch ein zweites Loch gebohrt werden, um das abgekühlte Tiefenwasser wieder in den Untergrund zurückleiten zu können – weit genug von der Förderstelle entfernt, um zu verhindern, dass es gleich wieder zurückfließt, wodurch das geförderte Wasser immer kühler würde.

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Dazu wird die Bohranlage in den nächsten Tagen um wenige Meter versetzt. Anfang August beginnt sich der Meißel wieder in den Untergrund zu fressen. Das Ganze soll sich bis Ende 2019 noch zweimal wiederholen, denn die Stadtwerke wollen am idealen Standort Kraftwerk Süd gleich drei Bohrungs-Paare niederbringen. Dann wird das Geothermieprojekt in Perlach weitergehen.

Norwegischer Windpark wächst

1450 Kilometer nördlich von München, nahe der norwegischen Gemeinde Trysil, wächst unterdessen der Windpark Raskiftet in die Höhe. Gerade ist das erste Windrad montiert worden, bis Anfang nächsten Jahres sollen 31 Windturbinen mit zusammen 112 Megawatt Leistung betriebsbereit sein. Der Park 150 Kilometer nordöstlich von Oslo ist ein Gemeinschaftsprojekt der SWM mit den beiden kommunalen norwegischen Energieversorgern Eidsiva Energi und Gudbrandsdal Energi. Die Stadtwerke halten als Seniorpartner 60 Prozent an dem Gesamtprojekt. Mit ihrem Anteil an der erwarteten Energieausbeute lassen sich rund 84 000 Durchschnittshaushalte mit Strom versorgen.

Der Windpark in Norwegen ist nur eine von zahlreichen Anlagen in ganz Europa, mit denen die Stadtwerke seit 2008 auf ein wichtiges energiepolitisches Ziel zusteuern: Bis zum Jahr 2025 wollen die SWM so viel Ökostrom erzeugen, wie ganz München verbraucht.

Hauptaugenmerk liegt auf der Region

Aktuell liegt die Erzeugungskapazität bei 3,9 Milliarden Kilowattstunden im Jahr. Das ist schon mehr, als alle Münchner Privathaushalte und die elektrischen Verkehrsmittel der MVG zusammen verbrauchen, und mehr als die Hälfte des gesamten Münchner Stromverbrauchs.

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Das Hauptaugenmerk bei der Energieerzeugung liege in der Stadt und in der Region, betont SWM-Chef Florian Bieberbach. Immerhin erzeugen die SWM hier in drei Geothermie- und 13 Wasserkraftanlagen bereits Strom für zusammen 62 000 Haushalte. Dazu kommen 24 Solaranlagen und das Windrad in Fröttmaning. Doch weiterem Wachstum sind hier enge Grenzen gesetzt: Die Nutzung der Dächer für Photovoltaik beispielsweise scheitert häufig am Veto der Eigentümer oder an ungeeigneter Ausrichtung zur Sonne; Flussläufe lassen sich nicht beliebig mit Wasserkraftwerken aufrüsten, und geeignete Standorte für Windräder sind im Ballungsraum rar. Die im Stadtgebiet laufenden und geplanten Geothermie-Bohrungen werden voraussichtlich mehrheitlich Wasser mit Temperaturen unter 100 Grad zutage fördern. Sie sind ideal für die Fernwärme, aber nicht zur Stromerzeugung geeignet. Um den Energiebedarf der Stadt zu decken, bleibt den Stadtwerken mithin keine andere Wahl, als in jene europäischen Regionen auszuweichen, in denen die Voraussetzungen besser sind.

Peter T. Schmidt

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