Affront? Kritik an Stadtratsbeschluss: Der Streit ums IAA-Konzept

Die größte Automesse Europas, die IAA, soll nächstes Jahr in München stattfinden. Doch es gibt Ärger, weil der Stadtrat im Rathaus zugestimmt hat, die Messe an mehreren Standorten auszurichten.
- Die IAA vom 7. bis 12. September soll nicht nur auf dem Messegelände in Riem stattfinden.
- Die Messe soll auch auf Teilen des Königsplatzes, des Wittelsbacher-, des Odeonsplatzes, des Max-Joseph- und des Marienplatzes ausgerichtet werden.
- Herbert Danner (Grüne) beschwert sich, dass der Stadtrat im Feriensenat in nichtöffentlicher Sitzung zugestimmt hat.
- Bund Naturschutz (BN) und der ADFC haben sich kritisch zu Wort gemeldet.
München - Es war quasi seine letzte Amtshandlung als Stadtrat. Am 29. April hat Herbert Danner (Grüne) ein Schreiben an die Regierung von Oberbayern verschickt. Das ist die Aufsichtsbehörde der Stadt. Hintergrund von Danners Brief ist, dass der Stadtrat im Feriensenat am 29. April in nichtöffentlicher Sitzung zugestimmt hat, die Internationale Automobil Ausstellung (IAA) an mehreren Standorten in der Stadt auszurichten. Danner beschwert sich, dass der Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung gefasst wurde, das Interesse der Öffentlichkeit sei elementar. Schließlich gehe es um insgesamt 6,3 Hektar öffentliche Fläche, die für die Messe genutzt werden sollen.
IAA in München soll an mehreren Orten stattfinden
Laut Beschlussvorlage wird die IAA vom 7. bis 12. September nicht nur auf dem Messegelände in Riem stattfinden, sondern auch auf Teilen des Königsplatzes, des Wittelsbacher-, des Odeonsplatzes, des Max-Joseph- und des Marienplatzes ausgerichtet. Die Flächen werden wegen Auf- und Abbau sogar noch länger beansprucht. Zudem liegt der Termin unmittelbar vor dem Start des Oktoberfestes.
Der Bund Naturschutz (BN) und der ADFC haben sich ebenfalls kritisch zu Wort gemeldet. Die Naturschützer fordern sogar die Rücknahme des Beschlusses und sprechen von einem Affront, den es „in der gesamten Nachkriegsgeschichte Münchens noch nicht“ gab. Außerdem müsse „eine breit angelegte Diskussion um die nötige Verkehrswende in München“ von der Stadt ausgerichtet werden, nicht von Automobilkonzernen, fordert BN-Vize Thorsten Kellermann. Der stellvertretende BN- Geschäftsführer Martin Hänsel ergänzt: „Autos in der Innenstadt sind weder innovativ noch umweltfreundlich. Sie tragen nicht zu einer menschenfreundlichen Stadt bei. Innovative urbane Mobilität bedeutet Abschied vom Raumfresser Auto.“
Der ADFC schlägt in die gleiche Kerbe. Man vermisse das Wort „Fahrrad“ im Konzept für die Ausstellung, hieß es gestern in einer Pressemitteilung. Münchens ADFC-Chef Andreas Groh sagte: „Zukunftsfähige, stadt- und klimaverträgliche Mobilität besteht zu einem Großteil aus emissionsfreien, flächen- und energieeffizienten Mobilitätsformen wie dem ÖPNV, dem Fuß- und insbesondere dem Radverkehr. Bei einer Show für zukünftige Mobilität sollte wenigstens ein Viertel der riesigen innerstädtischen Ausstellungsfläche und des Veranstaltungsbudgets dem Fahrrad als besonders zukunftsfähigem Verkehrsmittel gewidmet sein.“
IAA in München - SPD-Vize Vorländer: „Wir mussten rasch entscheiden“
SPD-Vize Christian Vorländer verteidigt das schnelle Vorgehen des Stadtrates: „Wir mussten rasch entscheiden, da die Messe die Verträge abschließen will.“ Der Stadtrat habe gleichwohl deutlich zu verstehen gegeben, dass er keine „PS-Boliden-Schau“ möchte, wie Vorländer ausführt. „Wir haben klar formuliert, dass uns wichtig ist, dass die IAA sich neu ausrichtet. Es muss um zukunftsfähige Mobilität gehen, um Nachhaltigkeit und Klimaschutz.“
Darum soll es bei den sogenannten Open Spaces in der Stadt auch vordergründig gehen. Der Stadtrat hatte bereits im Februar den Grundsatzbeschluss gefasst, sich für die Automobilmesse zu bewerben. Die Verträge zwischen dem Verband der Automobilindustrie (VDA) und der Messe München sollen in den nächsten Tagen unterschrieben werden. Der Stadtrat wird sich abermals mit der IAA befassen, sobald ein detailliertes Konzept für die Ausstellung erarbeitet wurde.
Grünen-Fraktionschefin Anna Hanusch sagte auf Anfrage, das bislang vom VDA vorgelegte Konzept gebe Klima- und Umweltschutz deutlich mehr Gewicht als bisher. „Die Ankündigung einer Neuorientierung der IAA, hin zu nachhaltiger Mobilität, hat für uns letztlich den Ausschlag gegeben, nicht offen gegen diese Messe zu agitieren, sondern ihr, mit einer gehörigen Portion Skepsis, in München eine Chance zu geben und sie mit konkreten Vorschlägen kritisch zu begleiten.“
Bei der Pkw-Maut wurde Andreas Scheuer ausgebremst - bei seinem Plan, ein bayerisches Mobilitätszentrum voranzutreiben, drückt der Verkehrsminister aufs Gas - mit vielen Millionen.