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Ich bin nicht die Sex-Bestie vom Brauneck

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Martin Pfisterer (l.) wird oft für das Sex-Monster vom Brauneck (rechts das Phantombild) gehalten.
Martin Pfisterer (l.) wird oft für das Sex-Monster vom Brauneck (rechts das Phantombild) gehalten. © -

Weil Martin Pfisterer in "Aktenzeichen XY" den Sex-Gangster vom Brauneck spielte, wurde er schon zweimal von der Polizei überprüft.

„Das ist er doch …“ Wenn wieder einmal das Phantomfoto des Sex-Monsters vom Brauneck in einer Zeitung erscheint, beginnt für Martin Pfisterer ein Spießrutenlauf. Die Leute tuscheln über den 52-Jährigen. „Bereits zweimal glaubten Zeugen, mich zu erkennen und ich wurde von der Polizei überprüft“, sagt Pfisterer. Der Münchner Schauspieler hat mit dem Fall tatsächlich etwas zu tun, wenn auch ganz anders: Für die ZDF-Sendung Aktenzeichen XY spielte er die Rolle des bis heute nicht gefassten Sex-Verbrechers.

Vom Schauspieler zum Sex-Monster

Wegen eines Fotos wurde Schauspieler Martin Pfisterer mit einem Vergewaltiger verwechselt. Jetzt spricht er über seine Erlebnisse. Ein Beitrag von Michel Marcolesco und Philipp-Moritz Jenne.

„Die haben mich natürlich ausgesucht, weil ich dem Mann auf dem Phantomfoto ähnlich sehe“, sagt Pfisterer. Die tiefen Wangen, die dunklen Augen… Bei den Dreharbeiten für die Sendung in einem Wald bei Freising wurden einige der schrecklichen Szenen nachgestellt, die die Bergwanderin Anna Fuchs (Name geändert) 2006 im Längental am Fuß des Braunecks durchleiden musste: Wie der Täter die 67-Jährige überwältigt, wie er ihr Gesicht mit Klebeband verschnürt, wie er sie zuletzt mit Handschellen an einen Baum fesselt und ihrem Schicksal überlässt.

Die im März 2007 ausgestrahlte XY-Sendung brachte leider nicht den gewünschten Erfolg. Kein einziger Hinweis brachte die Polizei weiter. Für Pfisterer waren die Folgen dagegen recht unangenehm. So glaubte eine Passantin, die ein Foto aus der XY-Sendung in der tz gesehen hatte, ihn als den Täter erkannt zu haben und meldete das der Polizei. „Ein Beamter hat mich am Sendlinger Tor nach meinen Personalien gefragt“, erinnert sich Pfisterer. Den ungeheuren Verdacht habe er sofort weit von sich gewiesen: „Ich bin Schauspieler!“ Aber der Polizist habe ihm erst dann richtig geglaubt, als die telefonische Bestätigung von der XY-Redaktion kam. Und das habe eine halbe Stunde gedauert. Pfisterer: „Der Polizist war nett, aber meine Schauspiel-Schüler haben auf mich warten müssen.“

Der 52-Jährige unterrichtet Schauspieler und Führungskräfte, die ihre Stimme und Sprache wirksam einsetzen möchten, im Sprechen. Er sagt: „Neben der notwendigen Sprechtechnik soll der Schauspieler seinen Körper als Raum begreifen, der den jeweiligen Text in sich aufnimmt und dann aussendet.“ Pfisterer ist auch Sprecher von Hörbüchern und häufig in München bei Lesungen moderner Literatur zu hören.

Der Vorfall vom Sendlinger Tor war nicht die einzige unangenehme Folge seines XY-Auftritts. So sei er mal mit seiner Freundin in der Oberlandbahn gesessen. „Wen haben wir den da?“, soll ihn der Schaffner grinsend angesprochen haben. „Der fährt also auch mit der BOB.“ Klar, der Schaffner habe nur Spaß gemacht, sagt Pfisterer. „Aber einige Leute haben mich ganz entsetzt angeschaut.“ Im Zug in die Berge habe er oft diese Blicke ertragen müssen – denn auch der Sex-Verbrecher ist mit dem Zug Richtung Brauneck gefahren. Pfisterer schüttelt den Kopf bei dem Gedanken an die Blicke der Fahrgäste: „Das war gar nicht mehr lustig.“

Am 8. Juli zeigte die tz sein Foto aus der Aktenzeichnung-Sendung erneut. Bei einer Folge der Serie „(Noch) ungeklärt!“ ging es um den Brauneck-Fall und die Hoffnung, doch noch Zeugen zu finden, die zur Ergreifung des Täters beitragen können. Wieder bekam Pfisterer Probleme, die ganze Straße habe begonnen, ihn zu frozzeln. Wieder ärgerte er sich: „Ich bin der Schauspieler, nicht die Sex-Bestie!“

Dem 52-Jährigen wäre es am liebsten, wenn der Fall endlich gelöst würde: „Unglaublich, dass der Täter bis heute nicht gefasst ist.“ Will er je wieder in einem Film den Bösewicht spielen? „In einem Spielfilm ja, aber nicht wieder für Aktenzeichen XY“, sagt Pfisterer. „Ich will nie wieder mit einem realen Täter in Verbindung gebracht werden.“

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Berühmte XY-Darsteller

Für die mehr als 400 Aktenzeichen-XY-ungelöst-Sendungen standen u.a. vor der Kamera: die Tatort-Kommissare Miroslav Nemec, Sabine Postel und Robert Atzorn, der SOKO-Ermittler Wilfried Klaus und der „Alte“ Rolf Schimpf. Weitere bekannte Gesichter: Peter Bond, Volker Brandt, Jochen Busse, Marion Kracht, Heiner Lauterbach, Christine Neubauer, Otto Sander, Annemarie Wendl, Julia Thurnau, Wilhelm Manske und Kai Wiesinger.

Das Verbrechen vom Brauneck

Am 25. November 2006 lockte ein bislang unbekannter Täter eine Münchnerin (67) am Brauneck vom Wanderweg ins einsame Leitenberg-Gebiet, indem er einen Wegweiser aus der Erde risst. Er bedrohte sie mit einem Messer, raubte ihr den Rucksack und vergewaltigte sie. Danach ließ er sie mit Handschellen an eine Wurzel gekettet halbnackt zurück. Ein Jäger fand die Frau dort zufällig kurz vor Einbruch der Dunkelheit.

E. Unfried

Quelle: tz

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