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Interview mit Poetry Slammer: Von dreckigen Kellern auf die große Bühne

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Reisender mit einem Faible für München: Kaleb Erdmann hat sich dem Poetry Slam verschrieben.
Reisender mit einem Faible für München: Kaleb Erdmann hat sich dem Poetry Slam verschrieben. © Achim Schmidt

Poetry Slam wird immer beliebter. Zum ersten Mal finden die Bayerischen Meisterschaften in München statt, der Wettkampf ist ausverkauft. Wir haben mit Kaleb Erdmann über das Event gesprochen.

München - Zum ersten Mal finden die Bayerischen Meisterschaften im Poetry Slam in München statt. Noch bis zum Samstag buhlen die Poeten bei dem Dichterwettstreit um die Gunst des Publikums. Die Teilnehmer haben nur fünf Minuten, um mit ihrem witzigen, nachdenklichen oder gereimten Vortrag das Publikum zu überzeugen. Traditionell handeln die Texte von Alltäglichem oder Erlebtem. Die deutsche Slam-Szene erfreut sich immer größerer Beliebtheit und gilt nach der englischsprachigen als die zweitgrößte der Welt. Kaleb Erdmann startete seine Karriere als Poetry Slammer vor acht Jahren in München und schaffte es schon zweimal ins Finale der Bayerischen Slammeisterschaften. Wir haben mit dem 25-jährigen Poeten über seine Kunst gesprochen.

Das Finale der Meisterschaften ist seit Wochen ausverkauft. Die Zuschauerzahlen wachsen. Warum ist Poetry Slam so erfolgreich?

Kaleb Erdmann: Ich denke, das liegt an dem ansprechenden Format. Der Wettbewerbscharakter der Veranstaltungen reizt die Leute. Dadurch, dass das Publikum entscheidet, welcher Poet noch einmal auftreten darf, gestalten die Zuschauer die Veranstaltung aktiv mit.

Was hat sich dadurch verändert?

Erdmann: Früher fand Poetry Slam in dreckigen Kellern statt, die Leute waren Freaks. Es war sehr locker, die Themen und die Struktur der Vortragsform waren noch nicht so festgelegt. Jeder konnte auf die Bühne. Das ist heute nicht mehr so. Die Poeten werden ausgesucht und eingeladen. Manchmal gibt es vielleicht noch ein oder zwei offene Plätze.

Was macht einen guten Poetry Slammer aus?

Erdmann: Mich beeindruckt immer, wenn jemand eine besondere Bühnenpräsenz hat. Stilistisch gefällt mir eine pointierte und trockene Erzählweise. Beschreibt ein Poet hingegen lang und kunstvoll, wie sich eine Blume öffnet, steige ich aus.

Ist Poetry Slam Literatur?

Erdmann: Nein. Es ist vielmehr eine Form von Theater, da es sich um eine performative Kunst handelt. Es ist so wenig Literatur, wie Kabarett Literatur ist. Poetry-Slam-Texte sind ja nicht geschrieben, um gelesen zu werden. Sie sind geschrieben, um vorgetragen zu werden.

Was ist für Sie das Schönste am Poetry Slam?

Erdmann: Das Reisen. Das ist einfach so eine sorgenlose Zeit. Irgendwann musst du dich auch nicht mehr um Termine und Auftritte kümmern. Während du unterwegs bist, entsteht dein Netzwerk wie von alleine. Aber ich brauche auch einen Ort, wo ich ankommen und zu Hause sein kann.

Wo ist der für Sie?

Erdmann: Ich würde sagen, zu Hause ist Frankfurt, dort studiere ich seit zwei Jahren. Aber dahoam ist ganz klar München. Es ist einfach eine unglaublich lebenswerte Stadt. Nach ein, zwei Bier spreche ich auch ganz gut bairisch (lacht). Außerdem liebe ich zeitgenössische Kunst. Und für mich gibt es europaweit keine Stadt, die in dieser Hinsicht mehr zu bieten hat als München.

Ihr liebster Ort in München?

Erdmann: Ich würde sagen, die Isar zwischen Wittelsbacher- und Reichenbachbrücke.

Im Winter, bei Nieselregen.

Erdmann: (lacht) Genau, und Schnee.

Das Gespräch führte Lidia Polito.

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