Irrer Winter! Ist das schon der Klimawandel?

München - Der Winter spielt verrückt und kommt nicht richtig an in München. Sind die Wetterkapriolen ein Zeichen für den Klimawandel? Die tz beantwortet die wichtigsten Fragen.
Ungemütliche Minusgrade, Nachtfrost und Schneefall, dann wieder
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Sonnenschein und Biergartenstimmung im Januar – der Winter spielt verrückt und kommt nicht richtig an in München. Sind die Wetterkapriolen ein Zeichen für den Klimawandel? Die tz beantwortet die wichtigsten Fragen.
So schön ist heuer der Winter in Bayern
Der Dezember 2011 war 3,4 Grad wärmer als der Dezember-Durchschnittswert in den letzten 30 Jahren – ein Beweis für den Klimawandel?
Laut Meteorologen sind die Differenzen nicht übermäßig groß. Die Erderwärmung lässt sich nicht an einzelnen Monaten festmachen. Viel wichtiger ist die Betrachtung über viele Jahrzehnte. „Entscheidend sind die Jahresmittelwerte über die letzten 30 Jahre betrachtet“, so Gerhard Hofmann vom Deutschen Wetterdienst. Und dabei lässt sich für München ein Temperaturanstieg von 1,5 Grad beobachten.
Wieso ist dieser Winter so warm?
Seit sechs Jahren erleben wir einen Winter, der nicht durch eine Nord-Süd-Strömung, sondern durch eine West-Wetterlage bestimmt ist – diese trägt ein Tief nach dem anderen mit warmer Atlantikluft und häufigen Niederschlägen nach Bayern. Gerhard Hofmann vom Deutschen Wetterdienst: „Das ist von der kurzfristigen Strömung abhängig, daran lässt sich noch kein Klimawandel ablesen. Der nächste Winter kann wieder viel kälter werden.“
Wie wirkt sich der warme Winter auf die Ernte der Bauern aus?
Erst lange Dürreperioden, dann wieder Starkregen – die Bauern leiden sehr unter den Wetterextremen. Der Klimawandel könnte jedoch längerfristig positive Auswirkungen auf den Anbau der Landwirte haben. Leonhard Keller, Präsident des Bauernverbandes Bezirk Schwaben: „Die Vegetationszeit ist länger geworden, sodass einige Bauern Anfang Juli eine zweite Frucht säen.“ Ob sich das allerdings rechnet, bleibt abzuwarten. Keller: „Um zwei Saaten zu ermöglichen, müsste die Fruchtzüchtung entsprechend mitziehen.“
Wetter und Klimawandel – wie hängt das zusammen?
Dr. Herbert Barthel (55), Klimaexperte des Bund Naturschutz in Bayern, erklärt das so: „Wetter ist das, was uns unmittelbar betrifft, z. B. ein Sturm oder ein Gewitter. Den Klimawandel spüren wir nicht. Er lässt sich nur anhand langjähriger Beobachtungen belegen. Und das macht die Diskussion schwierig. Nach einem eisigen Winter wie vergangenes Jahr fragen wieder viele: Und wo ist jetzt die Erderwärmung? Dabei sind die Fakten längst unstrittig.“
Wie wird der Klimawandel Bayern verändern?
Eine Studie der Arge Alp, an der auch das Bayerische Umweltministerium beteiligt war, geht davon aus, dass im bayerischen Alpenraum bis 2030 die Temperaturen um bis 2,4 Grad höher liegen werden als noch vor 100 Jahren. Die Niederschläge werden bis zum Jahr 2050 im Winter um 35 Prozent zulegen, während es im Sommer deutlich trockener wird. Die Anzahl heißer Tage (mit über 30 Grad) wird sich verdoppeln.
Welche Folgen hat das?
Im Bayerischen Umweltministerium geht man davon aus, dass sich die Vegetationsgrenze in den Bergen um rund 200 Metern nach oben verschiebt. Herbert Barthel befürchtet, dass dadurch viele heimische Pflanzen, Schmetterlings- und Käferarten aussterben. „Und zwar die Arten, die eben gerade eine gewisse Kälte brauchen, um zu überleben.“ Barthel rechnet auch mit bösen Folgen für unsere Schutzwälder in den Bergen. „Dem Wald nützt es leider nichts, wenn die Niederschläge im Durchschnitt gleich bleiben. Ein, zwei extrem trockene Sommer reichen, um die Bäume nachhaltig zu schädigen.“
Klimaschutz ist vielen zu teuer – aber wie teuer wird der Klimawandel für uns?
Die Bayerische Staatsregierung schätzt, dass, wenn sich das Tempo des Klimawandels nicht ändert, die Schäden sich bis zum Jahr 2050 allein im Freistaat auf rund 100 Milliarden Euro summieren werden.
CL/WdP