Kind (4) verlor halbes Ohr: Hundehalterin streitet Bissverletzung ihres Dalmatiners zunächst ab

Mit der Hälfte seines Ohres bezahlte ein damals Vierjähriger die Attacke eines Dalmatiners. Nun musste sich die Hundehalterin vor dem Amtsgericht München wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten.
München – Den 17. September 2021 wird Richard H. (alle Namen geändert) nicht mehr vergessen. Ein entstelltes rechtes Ohr erinnert den Buben (6) täglich an den Abend. Laut Anklage soll der Dalmatiner von Ines K. (58) die obere Hälfte seiner Ohrmuschel abgebissen haben. Es ist nicht das erste Mal, dass der Hund aggressiv auf Kinder reagierte.
Hundehalterin wurde schonmal verurteilt
Erst wenige Wochen vor dem Vorfall mit Richard H. war die Hundehalterin bereits wegen fahrlässiger Körperverletzung von zwei Kindern rechtskräftig zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Weil sie damals alkoholisiert war, wurde ihr außerdem zur Auflage gemacht, dass sie ihren Hund nur noch im nüchternen Zustand ausführen darf.
Am Abend des 17. September 2021 wurde bei einem Atemtest wieder ein Alkoholwert von zwei Promille festgestellt. Ines K. sagte aus, an diesem Abend lediglich zwei Gläser Wein getrunken zu haben. Den hohen Alkoholwert erklärte sie damit, sich wegen der Corona-Pandemie häufig die Hände desinfiziert zu haben und durch den Kontakt mit dem Mittel und durch dessen Dämpfe Alkohol abbekommen zu haben. Der Staatsanwalt hielt es für „nicht möglich, dadurch auf einen Wert von zwei Promille zu kommen“.
Frau beharrt darauf, dass Verletzung nicht von ihrem Hund stammt
Zunächst beharrte die Angeklagte auch darauf, dass der Bub das Ohr auf andere Weise eingebüßt haben müsse, auch weil ihr Hund ein Maulgeschirr – ein sogenanntes Halti – getragen habe. Der Hund sei zwar hochgesprungen, habe das Kind aber nicht berührt. Die Fragen des Verteidigers zielten darauf ab, einen Fahrradsturz als mögliche Ursache für die Verletzung in Betracht zu ziehen.
Die Darstellung der Mutter war eine andere. Diese berichtete zwar, dass ihr Sohn vor der Hundeattacke tatsächlich mit dem Rad gestürzt war. Mehr als ein paar Schürfwunden habe sich Richard H. dabei aber nicht zugezogen. Sie habe ihren Sohn getröstet, als sie anschließend dessen Fahrrad aufheben wollte, habe der Hund den Buben unvermittelt attackiert. Ines K. sei dabei zu Boden gegangen, habe aber weiter versucht, ihren Hund an der Leine zurückzuhalten.
Trotzdem sei der Hund an Richard hochgesprungen. Erst danach habe sie Blut gesehen und festgestellt, dass ihrem Kind die Hälfte des Ohres fehlte. Passanten und Sanitäter fanden das fehlende Stück Ohr. Es wurde im Krankenhaus zwar wieder angenäht – aber erfolglos. Es wurde abgestoßen.
Gericht verhängt Bewährungsstrafe
Den ganzen Tag dauerte die Beweisaufnahme, eine Gutachterin der Berliner Charité legte sich dabei schließlich fest: „Das ist eindeutig eine Hundebissverletzung.“ Nach eindringlichem Zureden von Staatsanwalt und Richterin zog die 58-jährige Hundehalterin ihren Einspruch gegen den ursprünglichen Strafbefehl zurück. Damit wurde die darin vorgesehene Freiheitsstrafe von acht Monaten, ausgesetzt für eine Bewährungszeit von zweieinhalb Jahren, rechtskräftig. Außerdem muss die Hundehalterin 10.000 Euro an das junge Opfer und 5000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.