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Klage gegen VW: So kämpft ein Münchner um sein Geld

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Rentner Axel Bock (72) zeigt auf den Auspuff seines VW Polo. Er fühlt sich von VW betrogen und hat Klage eingereicht.
Rentner Axel Bock (72) zeigt auf den Auspuff seines VW Polo. Er fühlt sich von VW betrogen und hat Klage eingereicht. © Sigi Jantz

München - Axel Bock fühlt sich betrogen - weil er einen angeblich umweltbewussten VW Polo kaufte, der aber auch vom VW-Abgas-Skandal betroffen ist. Nun hat er Klage eingereicht.

Sein neues Auto hatte sich Axel Bock (72) ganz gezielt ausgesucht: Ein VW Polo sollte es sein, „weil er mit einem geringen Schadstoff-Ausstoß beworben wurde. Das gefiel mir, weil ich sehr umweltbewusst bin.“ Im Dezember 2012 hatte der Rentner aus Bogenhausen deshalb 21.000 Euro beim Händler bezahlt und dafür einen 1.6 TDI erhalten. Jahre später hat Axel Bock aber nur noch Ärger: Denn sein Polo ist einer von Millionen betroffenen Autos im VW-Abgas-Skandal. Auch bei ihm wurde eine Schummel-Software eingesetzt, die den Abgas-Ausstoß im Prüfstand drosselt – im Fahrbetrieb aber nicht. Seitdem steht der Polo in der Garage.

Axel Bock macht seinem Ärger Luft. „Ich fühle mich betrogen“, sagt er. „Und wenn mich jemand reinlegen will, werde ich sauer.“ Deshalb hat der Rentner Klage gegen VW eingereicht – mit Hilfe von spezialisierten Anwälten kämpft er jetzt um sein Geld. Markus Klamert und sein Kollege Marc Frey kennen sich mit solchen Fällen aus: Die Kanzlei KMP3G in der Pettenkoferstraße vertritt mehr als 100 Betroffene des Abgas-Skandals. Per Klage wollen sie VW zu einer Kaufpreis-Rückzahlung zwingen. Vergleichbare Urteile zeigen, was möglich ist: Hat ein Käufer 25.000 Euro für seinen Volkswagen gezahlt, erhält er rund 21.000 Euro zurück. „Den vollen Kaufpreis bekommt man leider nach rechtlicher Lage momentan nicht zurück“, sagt Frey. „Man muss einen Nutzungsersatz leisten. Und der berechnet sich aus dem Bruttokaufpreis mal gefahrene Kilometer geteilt durch zu erwartende Gesamtlaufleistung.“

Axel Bock ist 57.000 Kilometer mit seinem Polo gefahren. „Vom Händler wurde mir kürzlich ein Software-Uptdate angeboten. Aber für die Ummodelung gibt es nicht mal eine Gewährleistung. Das ist eine Unverschämtheit“, sagt er. Mit viel Wut im Bauch verfolgt der Senior auch, wie VW sich in der Aufklärung des Abgas-Skandals verhält. Hat Konzern-Chef Martin Winterkorn tatsächlich von nichts gewusst? „Diese Behauptung finde ich sehr unverfroren“, sagt Axel Bock. „Gerade, wenn man von seinen millionenschweren Boni hört.“ Er sei erleichtert, dass jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Für Axel Bock wird es erst am 4. Juli ernst: Dann wird sein Fall vor Gericht verhandelt. „Aufgrund der Täuschung von VW muss der Kauf rückabgewickelt werden“, lautet Marc Freys Prognose. „Die Stimmung hat sich gedreht“, sagt Markus Klamert – immer mehr Richter seien heute auf Seiten der Kläger.

Diese Münchner klagten erfolgreich

Christine und Dieter S. waren die ersten, die vor Gericht gewannen: Im September 2015 hatten sie ihre Klage erfolgreich durchgesetzt. Im Anschluss musste ihr VW-Händler den manipulierten Seat Ibiza zurücknehmen – und den Kaufpreis erstatten, abzüglich einer kleinen Pauschale für die bisher gefahrenen Kilometer. Eigentlich, so das Münchner Ehepaar, „wollten wir uns gar nicht streiten.“ Aber die Gegenseite habe einen Vergleich abgelehnt – so kam es überhaupt erst zum Prozess. Am Ende musste der Händler dem Ehepaar die Summe von 17 930,54 Euro plus Zinsen erstatten. Das Urteil könnte sich demnächst in ähnlicher Form noch oft wiederholen. Um seine Rechte als Kläger abzusichern ist es empfehlenswert, vom Händler einen schriftlichen Verjährungsverzicht einzuholen.

VW-Bosse unter Druck

Dieses Urteil setzt den VW-Bossen gewaltig zu! Ihr Verhalten hat das Landgericht Hildesheim am 17. Januar als „sittenwidrig“ eingestuft. Die Manipulationen im Abgas-Skandal seien eine „bewusste Täuschung“ gewesen – und somit vorsätzlicher Betrug, zum Zweck der Kostensenkung. Diese Taktik sei „ebenso verwerflich wie in der Vergangenheit etwa die Beimischung von Glykol in Wein oder von Pferdefleisch in Lasagne“, heißt es in der Begründung. VW habe „die Ahnungslosigkeit der Verbraucher bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt“. Rechtsanwalt Marc Frey schätzt das Urteil als „spektakulär“ ein – bisher sei es aber nicht rechtskräftig. Ob die Entscheidung der Richter Bestand haben wird, sei noch offen. Grundsätzlich gelte: Es ist einfacher seine Ansprüche gegen den Händler zu richten als gegen VW als Konzern.

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