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Ein Tag in der JVA Stadelheim: Klima-Aktivist schildert Tages-Ablauf – ein Mann im Hungerstreik

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Von: Nadja Hoffmann, Regina Mittermeier

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Klimaaktivist Micha Frey von der „Letzten Generation“ hatte sich am 7. November in der Münchner Bayerstraße festgeklebt.
Klimaaktivist Micha Frey von der „Letzten Generation“ hatte sich am 7. November in der Münchner Bayerstraße festgeklebt. © Peter Schlingensief

Festgeklebt, dann festgenommen: Auch Klima-Aktivist Micha Frey (24) wurde in die JVA Stadelheim gebracht. Im Münchner Merkur schildert er einen Tag in seiner Woche im Knast.

7 Uhr morgens: Das Licht geht an in der Zelle von Micha Frey. Ein Gefängnis-Mitarbeiter klopft, wünscht „Guten Morgen“ und öffnet eine Klappe in der Zellentür: Dann schiebt er eine Kanne Tee hindurch, schließt die Klappe. Micha gießt Tee in einen Becher und trinkt. Seine Zelle ist sehr schmal. Hohe Wände begrenzen die vielleicht sechs Quadratmeter.

Micha Frey saß eine Woche in der Münchner JVA Stadelheim.
Micha Frey saß eine Woche in der Münchner JVA Stadelheim. © Limburg

Darin stehen ein Stuhl, ein Bett, ein Schrank, ein WC und ein Fernseher. Wieder ertönt ein „Guten Morgen“ – einer von Freys Mitstreitern hat auch Tee gekriegt. Sie sitzen Zelle an Zelle in Stadelheim, weil sich beide auf der Straße festgeklebt haben. So sollen sie keine weiteren Aktionen planen können.

In München sitzen einige Klima-Aktivisten bis 2. Dezember im Gefängnis

9 Uhr: Ein Knast-Mitarbeiter sperrt Michas Tür und die der anderen Aktivisten auf. „Endlich!“, denkt der junge Mann. Die ersten fünf Tage im Knast wurden sie – wie alle Insassen – wegen des Infektionsschutzes isoliert. Nur für eine Stunde gab’s einen Hofgang. Handys, Kleidung und andere Gegenstände mussten sie am ersten Tag abgeben. „Nach der Isolation haben wir uns ab 9 Uhr auf dem Flur getroffen und auch zusammen gegessen“, sagt er. Gewöhnliche Gefangene dürfen das nicht.

Eine Stunde Hofgang haben die Klima-Kleber täglich in der JVA Stadelheim

10.30 Uhr: Es riecht nach Gekochtem. Jetzt servieren die Gefängnis-Mitarbeiter die einzige warme Mahlzeit am Tag. Micha ist Vegetarier. Daher bekommt er mal Nudeln mit Sahnesoße, am anderen Tag Rösti mit Apfelmus. „Fast wie in der Uni-Mensa.“

Nach der Blockade am Stachus in München musste Micha Frey nach Stadelheim. Nach einer Woche kam er am Montag frei.
Nach der Blockade am Stachus in München musste Micha Frey nach Stadelheim. Nach einer Woche kam er am Montag frei. © Sigi Jantz

12 Uhr: Mitarbeiter schließen die Türen zum Hof auf und Micha Frey und die anderen gehen nach draußen. Wie alle Gefangenen haben sie etwa eine Stunde Hofgang am Tag. Man kann sich unterhalten, austauschen. Immer wieder saugt Micha die frische Luft ein, denn für den restlichen Tag werden alle wieder eingesperrt – allein.

Ab dem Nachmittag sitzt Micha Frey allein in seiner Zelle

13.15 Uhr: Es klackt – Micha Freys Zelle wird verriegelt. Kurz darauf öffnet ein Mitarbeiter die Tür-Klappe und schiebt einen Teller mit Brot, Marmelade und Margarine hindurch. „Bis morgen!“, sagt er – die Klappe geht wieder zu. Micha Frey ist jetzt allein, bis er die anderen morgen wieder treffen darf. Um eine Routine zu haben, macht er in den nächsten Stunden unzählige Liegestütze und schaut fern.

22 Uhr: Zack – das Licht geht aus. Insassen können die Lampen nicht bedienen, berichtet Micha. Das bestimmen andere. Jetzt heißt es: Durchhalten, bis es am nächsten Morgen um 7 Uhr wieder hell wird in seiner Zelle.

Klima-Aktivist im Hungerstreik im Knast in München

Aktuell befinden sich noch 13 Mitglieder der „Letzten Generation“ in der JVA Stadelheim. Grund: Sie hatten ausdrücklich angekündigt, bis zum 2. Dezember weitere Straftaten zu begehen. Wie die Polizei betont, stehen ihnen Rechtsanwälte zur Seite: Keiner der Aktivisten habe aber bislang Rechtsmittel gegen die richterlichen Gewahrsams-Anordnungen eingelegt. Warum? „Mit jedem Tag, an dem sie dort sitzen, entlarven sie unsere Bundesregierung in ihrer aktiven Ignoranz der Klimakatastrophe“, erklärt Sprecherin Lilly Schubert.

Die Letzte Generation hat am Dienstag öffentlich gemacht, dass sich ihr Mitglied Wolfgang Metzeler-Kick schon seit sechs Tagen im Hungerstreik befinde. Dem widerspricht die Polizei hingegen: Erstmals habe er am Dienstag in Stadelheim das Essen verweigert. Ein solcher Schritt hat Folgen: Ein Hungerstreikender werde ärztlich aufgeklärt, medizinisch überwacht und eng von der JVA-Leitung begleitet.

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