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Allein 101 Verfahren in München: Was Klimakleber in Bayern bisher zahlen mussten

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Von: Carina Zimniok

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Aktivisten der Klimaschutz-Initiative „Letzte Generation“ haben sich am Stachus mit ihren Händen auf die Straße geklebt.
Aktivisten der Klimaschutz-Initiative „Letzte Generation“ hatten sich in den letzten Wochen mehrmals am Stachus mit ihren Händen auf die Straße geklebt. © Matthias Balk/dpa

Bayern fährt einen harten Kurs gegen Aktivisten, die sich im Kampf gegen den Klimawandel auf Straßen kleben. Eine erste Bilanz zeigt, wie hoch die Strafen gegen die Klima-Kleber bislang waren.

München – Im Urteil gegen Simon L., Jahrgang 1997, steht es genau: „Mittels Sekundenklebers der Marken UHU und Pattex“ klebte sich L. mit drei Mitstreitern an einem Freitagnachmittag Anfang Februar 2022 auf die Straße am Isartorplatz in München. Zweieinhalb Stunden war der Verkehr gestört – dann löste die Polizei die Hände der Aktivisten mit Spachteln. Ende des Jahres fiel das Urteil, unter anderem wegen Nötigung: 40 Tagessätze für Simon L., der mit seiner Blockade gegen Lebensmittelverschwendung protestierte.

Polizei verfolgt jeden Vorfall

Doch die „Letzte Generation“ oder „Extinction Rebellion“ kämpft nicht nur mit Straßenblockaden: Im Bamberger Dom banden Aktivisten Anfang März der berühmten Statue „Bamberger Reiter“ eine Augenbinde um, markierten sie mit einem gelben X. Das Domkapitel stellte Strafantrag.

Zwei Beispiele von Aktionen, mit denen die Klima-Aktivisten Aufmerksamkeit erregten. Die Justiz verfolgt jeden Vorfall – wie viele das sind, zeigt die Bilanz des bayerischen Justizministeriums vom Donnerstag: Die Staatsanwaltschaften leiteten im Zusammenhang mit der „Letzten Generation“ oder „Extinction Rebellion“ seit Anfang 2021 insgesamt 112 (Vor-)Ermittlungsverfahren ein. Es geht um Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigung, gefährlichen Eingriff in Straßen- oder Luftverkehr – auch der Flughafen München war Ziel der Aktivisten. Sie hatten im Dezember einen Zaun zerstört und sich auf die Startbahn geklebt.

Justizminister warnt: „Bei Strafen über 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft“

Die meisten Straftaten fielen mit 101 Verfahren in den Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft München. Mehr als die Hälfte betraf Verkehrsblockaden. In 42 Verfahren haben die Staatsanwaltschaften bereits Klage erhoben, 21 Urteile wurden gesprochen oder Strafbefehle ausgestellt – mit Geldstrafen von 10 bis zu 160 Tagessätzen.

„Selbst wenn man seine Geldstrafe aus Spendengeldern finanziert: Bei Strafen über 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft“, sagt Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU). „Die Verurteilung kann daher auch Auswirkungen auf den weiteren Lebensweg haben.“ Neben den Strafzahlungen müssten die Aktivisten zusätzlich mit Einsatzkosten rechnen, die von der Polizei erhoben werden. Wie eine Umfrage unter Polizeipräsidien kürzlich ergeben hat, schickte die bayerische Polizei Klima-Klebern bislang in rund 50 Fällen eine Rechnung. Gesamtsumme: mehr als 7500 Euro.

Justizminister Eisenreich betonte, dass der Kampf gegen den Klimawandel ein existenzielles Thema für die Menschheit sei – es gebe aber legale Möglichkeiten. „Straftaten im Namen des Klimaschutzes nehmen wir nicht hin“, so Eisenreich.

Erst kürzlich beschwerte sich ein Klimaaktivist über seine Rechnung von 250 Euro, die ihm die Münchner Polizei fürs Lösen von der Straße ausstellte.

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