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„Krachende Planungsfehler“ - wird zweite Stammstrecke viel später fertig?

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Gebohrt wird schon: In der Haupthalle des Münchner Hauptbahnhofs werden derzeit Brunnen zur Grundwassersicherung der zweiten Stammstrecke gesetzt.
Gebohrt wird schon: In der Haupthalle des Münchner Hauptbahnhofs werden derzeit Brunnen zur Grundwassersicherung der zweiten Stammstrecke gesetzt. © Achim Schmidt

Die Fertigstellung der zweiten S-Bahn-Stammstrecke könnte sich um zwei Jahre verzögern. Nicht zum ersten Mal unterlaufen der Bahn „krachende Planungsfehler“, sagt ein Kritiker.

MünchenMünchner Rathauspolitiker sind gelinde gesagt empört über die Aussage der Deutschen Bahn, wonach der Bau der U9 die Fertigstellung der zweiten Stammstrecke verzögern wird. Von einem seltsamen Verhalten des Konzerns spricht der verkehrspolitische Sprecher der CSU im Münchner Stadtrat, Johann Sauerer. „Es ist ja nicht so, dass wir die U9 am Mittwoch das erste Mal auf der Tagesordnung hatten. Der Beschluss ist handwarm, und dann passiert so etwas. Das ist kein Umgang miteinander.“

Eigentlich soll die zweite Röhre zwischen Laim und Leuchtenbergring Ende 2026 in Betrieb genommen werden. Doch offenbar hatte die Deutsche Bahn in diesem Zeitplan nicht die sogenannte Vorhaltemaßnahme am Hauptbahnhof berücksichtigt. Damit ist ein Rohbau für den Bahnhof der geplanten Innenstadt-Linie U9 gemeint, die sich am Hauptbahnhof mit der zweiten Stammstrecke kreuzen wird. Den Rohbau erst nachträglich einzubauen, ist nicht möglich. Daher hatte der Stadtrat die Planung des Baus vergangene Woche beschlossen – nachdem dies schon lange im Gespräch gewesen war. Das Problem: „Sollte die U9 kommen, gibt es aufgrund der baulichen Verschränkung der beiden Maßnahmen Änderungen im Zeitplan“, hatte eine Bahnsprecherin am Donnerstag gegenüber unserer Zeitung erklärt. Die Rede ist inoffiziell von zwei Jahren. Um Kosten und Zeit zu ermitteln, wird die Bahn eigens eine Machbarkeitsstudie erstellen, schob die Sprecherin am Freitag nach.

Die Deutsche Bahn wollte einen Bahnhof in Oberfranken verschönern. Dabei unterlief den Verantwortlichen ein peinlicher Fehler - und es blieb nicht bei einem.

„In der Stadtratsvorlage ist davon nichts erkennbar“

„Dass jetzt plötzlich der Zeitplan von Seiten der DB infrage gestellt wird, verwundert mich“, sagt der verkehrspolitische Sprecher der Stadtrats-SPD, Jens Röver. „In der Stadtratsvorlage ist davon nichts erkennbar.“ In Rathaus-Kreisen geht man davon aus, dass die Bahn den Zeitplan zum Bau der zweiten Stammstrecke ohnehin nicht hätte einhalten können und nun der Stadt den Schwarzen Peter zusteckt.

Nicht zum ersten Mal unterliefen Bahn und dem bayerischen Verkehrsministerium „krachende Planungsfehler“, kritisiert der Grünen-Abgeordnete Martin Runge. Bereit 2018 hatte die DB die Haltestelle am Hauptbahnhof um 80 Meter verschieben müssen, weil der neue Tunnelbahnhof sonst dem Bahnhofsbauwerk von U4/U5 in die Quere gekommen wäre. Wahrscheinlich wegen solcher Mängel hatte sich die Erteilung des Zuschlags für das Baulos „Tunnel West mit Station Hauptbahnhof“ von Juli 2017 auf Dezember 2018 verschoben.

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Bei der U9 spricht SPD-Stadtrat Röver von der Schicksalsfrage. „Es ist doch klar, dass die U9 für uns von entscheidender Bedeutung ist.“ OB Dieter Reiter (SPD) sagte auf Anfrage unserer Zeitung: „Die U9 ist nur mit einer Anbindung an den Hauptbahnhof sinnvoll – davon würden nicht nur die Münchner, sondern vor allem auch die vielen Tausend Pendler aus der Region profitieren. Wenn es nun zu Verzögerungen im Bau der Stammstrecke kommen sollte, muss man sich genau ansehen, welche Baumaßnahmen zu Verzögerungen führen könnten.“ Der Rathauschef sieht „noch erheblichen Umplanungsbedarf seitens der DB selbst“. Eine Alternative zur U9 gebe es nicht.

Röver und Sauerer wollen nun weitere Aufklärung. Denn es ist auch offen, ob eine Verzögerung beim Bau der zweiten Stammstrecke weitere Nahverkehrsprojekte tangiert, die Tram Westtangente beispielsweise und die Erweiterung der U5 von Laim nach Pasing. „Das wird uns die Verwaltung darstellen müssen“, sagt Sauerer.

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Bei der 2. S-Bahn-Stammstrecke in München gibt es erneut eine gravierende Planänderung. Die Bahn muss nun ein dritte Röhre bauen, einen Rettungstunnel für Notfälle. Dies bestätigte das Eisenbahn-Bundesamt unserer Zeitung.

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