Amoklauf-Aufregung: Zeugensuche am Kino-Klo!

Eine Filmfirma sucht für eine Dokumentation Zeitzeugen des Amoklaufs im OEZ – soweit okay. Aber müssen diese Zeugenaufrufe ausgerechnet auf öffentlichen Toiletten hängen?
München - Ein Werbeplakat in den Toilettenräumen des Mathäser-Kinos sorgt für Ärger bei Angehörigen und Bekannten der Opfer des Amoklaufes am Olympia-Einkaufszentrum. Auf dem mittlerweile entfernten Plakat ruft die Filmproduktion Südkino GmbH mit der Überschrift „Wer war dabei?“ dazu auf, sich zu melden, falls man Bild- und Tonmaterial besitzt, das an dem schwarzen Tag am 22. Juli 2016 in der Innenstadt aufgenommen wurde.
Im Auftrag des Bayerischen Rundfunks plant die Produktionsfirma offenbar, einen Dokumentarfilm zu drehen. Mathäser-Mitarbeiter hängten den Aufruf in Absprache mit Südkino an der Innenseite aller Waschräume auf, die zu den WCs führen. „Wir wollten nicht die Gefühle anderer Menschen verletzen“, beteuert Patrick Lange, der Geschäftsführer der Südkino GmbH.
Heftige Reaktionen auf das Plakat in der Toilette
Einige Besucher des Mathäser allerdings fotografierten das Südkino-Plakat und teilten es auf Facebook, unter anderem auf der Facebook-Seite von Südkino. „Habt ihr denn gar keinen Anstand?!“, lauteten die Vorwürfe, oder: „Ich finde es eine Unverschämtheit! Es ist einfach gefühllos!“
Sogar der Vater eines Amoklauf-Opfers kommentierte den Post. „Wir waren heute im Kino, um bisschen abzuschalten. Aber auf WC Türe sehen wir sowas! Ihr seid einfach abartig! Wir sehen uns vor Gericht!“, schrieb Öztürk G. auf der Südkino-Seite.
Die vier Plakate sind mittlerweile entfernt worden. „Wir haben umgehend das Mathäser-Kino gebeten, sie abzuhängen“, sagt Südkino-Geschäftsführer Lange. Das erledigten wütende Kinobesucher mitunter selbst, sie fanden sowohl die Wortwahl als auch die Platzierung so unpassend, dass sie das Plakat abrissen.
Patrick Lange bittet um Verzeihung für das schiefe Bild, das die Südkino-Plakate abgaben. „Uns geht es auch nicht um den Amoklauf an sich, sondern um die Panik in der Innenstadt, die damals durch Falschmeldungen entstand.“ Nur diese „Mechanik der Panik“ habe man dokumentieren wollen. „Es tut uns wirklich sehr leid, hinter WC-Türen ist so ein Plakat natürlich fehl am Platz.“
Hüseyin Ince
Der Amoklauf eines psychisch kranken Schülers mit zehn Toten versetzt ganz München in einen Ausnahmezustand. An zahlreichen Orten der Stadt entsteht Panik, ohne dass es dort eine Bedrohungslage gibt. Was hat die Polizei daraus gelernt? Lesen Sie hier ein Interview mit dem Pressesprecher der Münchner Polizei.
Wer an diesem Freitagabend oder in dieser Nacht in München unterwegs war, der wird sich noch lang daran erinnern. So dramatisch verlief der Freitagabend.