Recherche zeigt: Mafia hatte Geldwäsche-Zentrum in München – 70 Millionen Euro abgehoben

Verbindungen zur Mafia und 70 Millionen Euro an Bargeld – ausgezahlt von Münchner Banken. Die Polizei hat ein Geldwäsche-Netzwerk zerschlagen, dessen Schlüsselfirma an der Isar lag. Hier wurde eine deutsche Banken-Regelung ausgenutzt.
München - Die Verbindung ergibt auf den ersten Blick wenig Sinn. Doch in den vergangenen Jahren war München eng mit dem Süden Italiens verbandelt. Leider nicht auf die beste Weise. Ein Schrotthändler aus Kalabrien nutzte Konten in der Landeshauptstadt, um sauberen Profit aus schmutzigen Geschäften zu schlagen. Es ging um Geldwäsche im ganz großen Stil und ein kriminelles Netzwerk, das jetzt zerschlagen werden konnte.
Wie sehr die Münchner Banken davon – ungewollterweise – Teil waren, zeigen die am Mittwoch veröffentlichten Recherchen eines Teams der TV-Sendung Report München, des MDR, des ARD-Studios in Rom und der FAZ. Letztere nennt konkrete Namen: Demnach sind die Hypovereinsbank und die Stadtsparkasse betroffen.
Geldwäsche der Mafia in München: Sparkasse und Hypovereinsbank schweigen
Auf Anfrage unserer Zeitung nehmen beide Geldhäuser dazu keine Stellung. „Als Kreditinstitut dürfen wir grundsätzlich keine Daten zu angeblichen oder tatsächlichen Kundenbeziehungen veröffentlichen“, unterstreicht eine Sprecherin der Sparkasse. Von Letzterer und der Hypovereinsbank sollen insgesamt 68,9 Millionen Euro in bar ausgezahlt worden sein, teilweise sogar bis zu 900.000 Euro an einem Tag.
In Deutschland, wo es keine Bargeldobergrenze gibt, sind solch hohen Transfers möglich. In Italien nicht. Südlich des Brenners gilt eine Bargeldobergrenze von 5000 Euro. Das heißt, theoretisch könnte man ein Vielfaches davon von seinen Konten abheben. Da aber nirgendwo mehr als 5000 Euro bar bezahlt werden dürfen, würden hohe Konto-Abhebungen auffällig wirken.
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Deutschland als Geldwäsche-Paradies: Fehlende Bargeldobergrenze
Die fehlende Bargeldobergrenze in Deutschland ist ein Umstand, den der italienische Geschäftsmann Maurizio R. anscheinend dreieinhalb Jahre lang gnadenlos ausgenutzt hat. Laut dem Recherche-Team betrieb der 55-Jährige offiziell einen Handel für Eisenschrott. Diesen kaufte er mutmaßlich schwarz auf den Schrottplätzen im Süden Italiens. Im Norden der Republik wurde das Metall dann von einer Mailänder Firma an Gießereien weiterverkauft. Dabei sollen Papiere gefälscht worden sein, um das billige Material als recyceltes Altmetall zu viel Geld machen zu können.
Schlag gegen die Mafia in München
Erst Anfang Mai ist den Ermittlungsbehörden ein empfindlicher Schlag gegen eine der mächtigsten Mafia-Organisationen Italiens – die ‘Ndrangheta – gelungen. In einer groß angelegten Razzia wurden in ganz Europa Objekte durchsucht – auch in Bayern. In der Landeshauptstadt und im Landkreis München stürmten Einsatzkräfte bei der Operation „Eureka“ zehn Objekte. Den Tatverdächtigen wird unter anderem vorgeworfen, den internationalen Kokainhandel mitfinanziert, bei dessen Logistik geholfen und Geldwäsche betrieben zu haben. Vier Haftbefehle wurden in Bayern vollstreckt.
Die eigentliche Herkunft wurde laut Tagesschau mittels eines komplexen Firmenkonstrukts in mehreren Ländern verschleiert. Das Schlüsselunternehmen hatte seinen Sitz in München – mit drei Konten bei den hiesigen Banken. Und so lief die Geldwäsche-Maschinerie: Die Firma an der Isar tat so, als habe sie Schrott an die Firma in Mailand verkauft. Obwohl dies nie passiert war, wurden Rechnungen in horrender Höhe ausgeschrieben: Zwischen 2016 und 2021 sollen so knapp 80 Millionen Euro auf die drei Konten in München geflossen sein. 70 Millionen wurden abgehoben.
Banken gaben Verdachtsanzeige wegen Geldwäsche auf
Laut dem Recherche-Team verging einige Zeit, bis die Banken eine Geldwäsche-Verdachtsanzeige abgaben. Die Ermittlungen gegen das kriminelle Netzwerk, bei dem auch Verbindungen zur Mafia vermutet werden, liefen unter dem Namen Black Steel. Daran beteiligt waren auch das Bundeskriminalamt (BKA) und die Staatsanwaltschaft München I. Maurizio R. und 13 Komplizen wurden Mitte Februar verhaftet.
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