1. tz
  2. München
  3. Stadt

Gefangen im achten Stock: Paar kann Wohnung kaum noch verlassen - Sohn macht sich große Sorgen

Erstellt:

Von: Leoni Billina

Kommentare

Luise (86) und Wolfgang Schlierf (90) müssen schon seit fast zwei Monaten ohne Aufzug auskommen.
Luise (86) und Wolfgang Schlierf (90) müssen schon seit fast zwei Monaten ohne Aufzug auskommen. © Achim Schmidt

Der Lift in einem Wohngebäude der Gewofag ist seit fast zwei Monaten defekt. Bewohner können nur schwer ihre Wohnungen verlassen - so wie das Ehepaar Schlierf.

München - Das graue Haus ragt hoch in den Himmel. Wenn man den Kopf in den Nacken legt, sieht man sie: Luise (86) und Wolfgang Schlierf (90) schauen aus dem Fenster ihrer Wohnung im achten Stock. Dort sitzen sie fest – seit nun fast zwei Monaten.

Der Grund: Der Aufzug in dem Wohnhaus an der Waldstraße (Taufkirchen) ist defekt. Am 7. Oktober hing ein Zettel der Gewofag, Vermieterin des Gebäudes, im Treppenhaus: „Auf Grund größerer Störungen ist der Aufzug voraussichtlich die kommenden 1-2 Wochen außer Betrieb.“ Daraus sind jetzt fast zwei Monate geworden. Für das Ehepaar bedeutet das, dass sie ihre Wohnung kaum verlassen können, Einkaufen oder Spazierengehen werden zur Mammutaufgabe.

Im achten Stock lebt das Ehepaar Schlierf - ohne Aufzug.
Im achten Stock lebt das Ehepaar Schlierf - ohne Aufzug. © Achim Schmidt

Wohnhaus bei München ohne Aufzug: Ältere Menschen sind quasi in ihren Wohnungen eingesperrt

Ihr Sohn Robert Schlierf (64) macht sich große Sorgen: „Meine Eltern können ihre Wohnung so gut wie nicht mehr verlassen. Mein Vater ist gehbehindert und schafft es nur bei unumgänglichen Terminen, die Wohnung zu verlassen. Meine Mutter schafft es maximal ein- bis zweimal die Woche runter und rauf“, sagt er. Auf dem Zettel im Treppenhaus steht die Nummer eines Tragedienstes, den die Anwohner aus „nachvollziehbaren Gründen“ in Anspruch nehmen könnten. Schlierfs Mutter habe es versucht, gekommen sei niemand. Anfragen des Sohnes an die Gewofag verliefen bisher im Sande.

Ihr Sohn Robert Schlierf macht sich große Sorgen um seine Eltern und findet: So kann es nicht weitergehen.
Ihr Sohn Robert Schlierf macht sich große Sorgen um seine Eltern und findet: So kann es nicht weitergehen. © Achim Schmidt

Der Geschäftsführer des Mietervereins München*, Volker Rastätter, sieht in diesem Fall für Mieterinnen und Mieter, die auf den Aufzug angewiesen sind, eine Freiheitsbeschränkung. „Der Vermieter muss eine realistische Einschätzung der Reparaturzeit zu Beginn solcher Maßnahmen geben. Und sich auch melden, wenn sich die Reparatur verzögert.“ Nur so könnten sich körperlich beeinträchtigte Hausbewohner aus den oberen Stockwerken auf die Einschränkung einstellen und Abhilfe organisieren. Entstehende Kosten müssten vom Vermieter bezahlt werden, sagt Rastätter. Und: „Auch eine Mietminderung von 20 bis 30 Prozent ist für die Zeit, in der der Aufzug nicht geht, realistisch.“ Am besten sollten sich Mieter in solchen Fällen von juristischen Experten wie im Mieterverein beraten lassen.

(Unser München-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus der Isar-Metropole. Melden Sie sich hier an.)

Kaputter Aufzug: Hersteller kommt mit der Produktion nicht nach

Auf Anfrage unserer Zeitung hat sich die städtische Wohnungsbaugesellschaft zu Wort gemeldet. Grund für den Ausfall sei ein defekter Geschwindigkeitsbegrenzer. Die Außerbetriebnahme hätte nur ein bis zwei Wochen dauern sollen, so ein Sprecher. „Der Dienstleister musste uns dann informieren, dass das erforderliche Ersatzteil bei allen Lieferanten ausverkauft ist und der Hersteller für die Nachproduktion mehr Zeit als üblich benötigt.“ Ein neuer Aushang diesbezüglich sei erstellt, aber offenbar nicht im Haus angebracht worden. „Für dieses Versehen entschuldigen wir uns ausdrücklich.“ Die Inbetriebnahme des Fahrstuhls sei für kommende Woche geplant. „In diesem Fall haben die unzureichende Kommunikation mit den Mieter*innen und die Lieferschwierigkeiten leider zu einem auch für uns höchst unbefriedigenden Ergebnis geführt. Wir haben die internen Abläufe bereits überprüft, damit sich so etwas nicht wiederholen kann.“ *tz.de/muenchen ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA

Auch interessant

Kommentare