Die Polizei München glaubte Bodo zunächst den Tathergang, die Staatsanwaltschaft fand aber Ungereimtheiten und ermittelte viereinhalb Jahre lang, in denen der berühmte Zuckerbäcker seinen guten Ruf, den Glauben an die Justiz und schließlich auch an die Menschen verlor. Alles ging in diesen Jahren dahin – bis das Amtsgericht Bodo im Mai 2010 nach viertägiger Verhandlung vom Vorwurf eines Versicherungsbetrugs und des Vortäuschens einer Straftat freisprach.
Bodo Müller war also zu Unrecht angeklagt gewesen. Damit war sein guter Leumund aber längst nicht wiederhergestellt – im kollektiven Gedächtnis klebt ein vorgetäuschter Raubüberfall, der ein echter war, und der Bodo das Leben zur Hölle machte. Noch immer plagen ihn Angststörungen. Wo soll er sich auch sicher fühlen, wenn nicht daheim? Hinzu kommt eine Parkinson-Erkrankung, die alles so mühsam macht. Und trotzdem: Bodo sucht jeden noch so kleinen Grund zum leichtfüßigen Frohsinn. Keine Narrhalla-Gaudi ohne Bodo. Sein Fundus an Jokes ist so unerschöpflich wie die Farben seiner Garderobe.
Bodo Müller hat für die größten Stars Torten-Couture gemacht – für Freddy Mercury genauso wie für die Kicker des FC Bayern, für den Fußballverein war er sogar Haus- und Hof-Konditor. Alle wichtigen Szenen wurden mit Marzipan und Zuckerguss nachmodelliert, das konnte Bodo wie kein zweiter. Vor allem schmeckte das Ganze auch noch und zerging wie Eis auf der Zunge. Die größte Torte war einmal fünfeinhalb Meter hoch.
Zahllos waren die süßen Lebensmomente, mit denen Bodo anderen viel Freude machte und damit zum berühmtesten Konditor des Landes avancierte. Auch sein Café-Zelt auf der Wiesn war angesichts der guten Stimmung ein Geheimtipp. 30 Jahre lang war Bodo auf dem Oktoberfest – mit einem Milchstand hatte der ehemalige Faschingsprinz von der Narrhalla angefangen. Die letzten Wiesn-Jahre ist Otto Lindinger als Wirt eingestiegen, auch er war Faschingsprinz, so haben sich die beiden kennengelernt.
2014 hat Lindinger Bodos Lebenswerk auf der Wiesn übernommen und noch eine Cocktailbar angefügt, seither ist Bodo die gute Seele des kleinen Wiesn-Zelts, der Dekorateur und das Herz auf zwei Beinen, dessen schwäbische Heimat Leitershofen immer ein bisschen herauszuhören ist. Bodos Backstube in der Herzog-Wilhelm-Straße 29 hatte zuvor schon sein Freund und Kollege Peter Wörner im März 2009 übernommen.
Kinder hat Bodo keine – er war stets Münchens letzter legendärer Junggeselle. Bis vor sieben Jahren, als er zum ersten Mal in seinem Leben „Ja!“ sagte. Sein spätes Glück hat er in der Krankenschwester und Hebamme Tanja (39) gefunden, die er zufällig im Café am Sendlinger Tor kennengelernt hatte – vor bald 20 Jahren. Ab und zu gingen sie miteinander aus, vor zwölf Jahren dann zog Tanja, die wie er aus dem Allgäu stammt, bei Bodo ein. Und Zeit für die Hochzeit am Standesamt Mandlstraße war es dann vor sieben Jahren – exakt an Bodos 68. Geburtstag.
Deshalb wird am kommenden Freitag an der Westenrieder Straße am Viktualienmarkt nicht nur Bodo Müllers 75. Geburtstag ausführlich gefeiert, sondern auch sein siebter Hochzeitstag. Wenn das – trotz allem – kein Festtag ist?!
PS: Es hat ja alles noch viel Zeit, aber Bodo überlässt selbst die Ewigkeit nicht dem Zufall. Auf dem Ostfriedhof hat er bereits seinen Grabstein aufstellen lassen – mit Krapfenmotiv. ULRIKE SCHMIDT