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Turbulente Szenen bei Protest-Mittwoch: Politik fordert mehr Polizei - CSU empört über Grünen-Tweet

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Von: Klaus Vick, Leoni Billina

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Rund 5000 Menschen demonstrierten am Mittwoch, die meisten trafen sich an der Ludwigstraße
Rund 5000 Menschen demonstrierten am Mittwoch, die meisten trafen sich an der Ludwigstraße © Oliver Bodmer

Am Mittwoch sind wieder Querdenker und Gegner der Corona-Maßnahmen durch München gezogen. Die Politik ist wachgerüttelt - und die CSU über eine Grünen-Abgeordnete empört.

München - Chaotische Szenen haben sich am Mittwoch in der Maxvorstadt abgespielt. Einmal mehr. Etwa 5000 Menschen waren erneut gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gegangen, ihnen standen 500 Einsatzkräfte gegenüber. Abstände wurden nicht eingehalten, die wenigsten trugen Masken, Polizeiketten wurden mit Anlauf durchbrochen. Die Bilanz: Elf Festnahmen, 14 Anzeigen.

Angemeldet war die Demo nicht, die Veranstalter hatten sie im Vorfeld abgesagt, da sie sich der Entscheidung des Kreisverwaltungsreferates (KVR), den Protest auf die Theresienwiese zu verlagern, nicht beugen wollten. Daraufhin hatten sie sich in den Sozialen Netzwerken zu „Spaziergängen“ verabredet. Was sich abends abspielte, war jedoch nicht nur ein Spaziergang*.

Die Polizei musste sich aufgrund der Strategie der „Spaziergänger“ auf das Stadtgebiet verteilen.

„Wir haben im Vorfeld wahrgenommen, dass es zu Aufrufen kam, sich zu sogenannten Spaziergängen zu treffen. Mehrere Örtlichkeiten im Stadtgebiet waren im Gespräch“, sagt Polizeisprecher Andreas Franken. Dementsprechend hätte die Polizei ihre Einsatzkräfte verteilt, unter anderem auf die Theresienwiese, die Ludwigstraße und den Marienplatz. „Das bedingt natürlich, dass man nicht an allen Örtlichkeiten gleich stark vertreten sein kann.“ Die Folge: Am ursprünglich geplanten Veranstaltungsort, der Ludwigstraße, versammelten sich die „Spaziergänger“ zu Tausenden, lieferten sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei. Franken dazu: Man werde den Einsatz nun nachbereiten. „Wir sind eine lernende Organisation.“

Münchens Politik ist alarmiert angesichts der Auswüchse. OB Dieter Reiter (SPD)* sprach von einem „Missbrauch des Grundrechts auf Meinungsfreiheit“. Den Anführern gehe es nicht mehr nur um ihren Protest gegen die Corona-Maßnahmen, sie suchten den Konflikt mit dem Staat. Auf diese neue Dimension sogenannter Spaziergänge müssten alle Sicherheitsbehörden reagieren. „Wir brauchen Konzepte, wie wir mit dieser Art von Protesten künftig verfahren sollen.“ Der OB hatte dazu am Donnerstag eine Telefonkonferenz mit dem Polizeipräsidium. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) teilte mit, er habe „alle Polizeipräsidien angewiesen, die Polizeipräsenz bei entsprechenden Einsätzen massiv zu erhöhen“.

Corona-Demo in München: Grünen-Abgeordnete fordert Gewalt - CSU entsetzt

Der stellvertretende Fraktionschef der Grünen im Stadtrat, Dominik Krause, sprach von einem „Komplettversagen“ der Polizeiführung. Er kritisierte, es habe keine erkennbare Einsatztaktik gegeben. Dabei sei es nach den Vorkommnissen von vor einer Woche „eine Eskalation mit Ansage“ gewesen. Verstörend sei gewesen, dass zahlreiche erkennbare Verstöße gegen die Maskenpflicht nicht geahndet worden seien.

Die SPD-Fraktionschefin im Stadtrat, Anne Hübner, sagte: „Wer mit Querdenkern und Rechtsradikalen aufmarschiert, hat das Spektrum des demokratischen Dialogs verlassen.“ Der Freistaat müsse die Polizei so ausstatten, „dass sie auf solche als Spaziergänge getarnte Angriffe gegen die Demokratie angemessen reagieren kann“. Aufgabe der Stadt sei es, Ungeimpfte, „die längst nicht alle Querdenker sind, mit unseren Impfangeboten zu erreichen“.

Der CSU-Fraktionsvorsitzende, Manuel Pretzl, sagte: „Die Polizei muss strategisch verhindern, dass so etwas dauerhaft passiert.“ Pretzl verbat sich indes eine Generalkritik an der Polizei: „Wir haben solche Spontan-Demos in früheren Zeiten auch von links ertragen müssen.“ Der CSU-Politiker echauffierte sich in diesem Zusammenhang über einen Twitter-Beitrag der Münchner Grünen-Bundestagsabgeordneten Saskia Weishaupt*. Diese hatte erklärt, man dürfe Querdenkern nicht die Straße überlassen. Die Polizei müsse handeln, im Zweifelsfall Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzen. Nach Meinung Pretzls eine „unsägliche Haltung“. Gerade die Grünen hätten in der Vergangenheit bei jeder Gelegenheit derartige Vorgehensweisen der Polizei kritisiert.

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