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Prof. Alexander Leber im Interview über die Situation in den Kliniken - und welchen Anteil die Corona-Maßnahmen daran haben. Der Mediziner aus München blickt auch nach vorne.
- Prof. Dr. Alexander Leber ist Chef-Kardiologe im Isar Klinikum in München.
- Im Interview spricht er über die Situation in den Kliniken und über Corona-Maßnahmen.
- Der Arzt blickt nach vorne - und hat doch eine Warnung.
Prof. Dr. Alexander Leber: Wir behandeln inzwischen nur noch Covid-19*-Fälle und Notfallpatienten. Alle planbaren Operationen sind abgesagt. Das Tragische an der aktuellen Situation ist: Wir hätten die Kapazität, um vielen leidenden Patienten zu helfen, können aber nichts für sie tun.
Die Dimension dieser Pandemie kam unerwartet. Und die Gefahr einer Eskalation ist leider auch noch nicht vorbei. Insofern bringen Vorwürfe gar nichts. Viel wichtiger ist, dass wir jetzt aus den Versäumnissen der Vergangenheit lernen.
Nehmen wir mal das Thema Schutzausrüstung: Auf der einen Seite haben wir beispielsweise riesige Mengen an Jodtabletten für den Fall einer Atomkatastrophe gebunkert, aber auf der anderen Seite haben wir derzeit kaum noch Masken und Schutzkleidung für unser medizinisches Personal zur Verfügung. So was darf nicht wieder passieren. Auch bei der Entwicklung digitaler Gegenmaßnahmen, etwa einer Tracking-App, ist vor Corona viel zu wenig passiert. Andere Länder sind uns da einen wichtigen Schritt voraus – zum Beispiel Südkorea.
Chef-Kardiologe aus München über Coronavirus: Südkorea mit mehr Erfahrung mit gefährlichen Coronaviren
Sie haben einfach schon Erfahrungen mit gefährlichen Coronaviren gesammelt, etwa mit Sars und Mers. Wenn du zu Hause mal Feuer unterm Dach hattest, dann baust du eher einen Brandmelder ein, damit das nicht noch mal passiert.
Das Problem sind nicht die Corona-Fälle in den Kliniken, sondern die Verunsicherung der anderen Patienten. Es ist bislang nicht gelungen zu vermitteln, dass die Kliniken trotz Corona* sicherer sind als viele andere Orte. Eine Ansteckung mit dem Virus ist natürlich nicht ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich.
Neben einer besseren Informationspolitik müssen wir digitale Lösungen stärker nutzen, um Kontakt zu unseren Patienten zu halten.
Wir haben beispielsweise ein Computerprogramm für eine Art digitale Herzklinik entwickelt. Es ermöglicht neben virtuellen Sprechstunden auch, dass der Patient zu Hause wichtige Daten wie Blutdruck- oder Pulswerte selbst sammeln und übermitteln kann. Dazu reicht schon eine Smartwatch oder ein bluetoothfähiges Handy. Die Daten werden von uns verwaltet und überwacht. Mit solchen Hilfsmitteln können wir oft früher erkennen, wann sich der Gesundheitszustand des Patienten verschlechtert.
Alle Entwicklungen in der Corona-Krise in München lesen Sie in unserem aktuellen News-Ticker.
Auch spannend zum Thema: Dass das Oktoberfest 2020 abgesagt wird, wird immer wahrscheinlicher. Christian Ude plädiert nun für eine schnelle Entscheidung.
*tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.