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Corona in München: Die Stadt verliert die Hemmungen - Sonnenhungrige pfeifen auf Abstandsregeln

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Angesichts von Massen an Erholungssuchenden und Sonnenanbetern, die am Wochenende in München beobachtet wurden, scheinen alle Corona-Abstandsregeln unwichtig geworden zu sein. Die Polizei hält sich zurück.

Abstand halten, Mund bedecken, Kontaktdaten in Biergärten hinterlassen: Wegen Corona* müssen sich auch die Münchner noch an Regeln halten. Doch am Wochenende schienen viele die Pandemie für beendet erklärt zu haben: Ohne Abstand sonnten sie sich an der Isar, in den Parks und an den Seen. Die Polizei ließ sie gewähren. Künstler und Politiker kritisieren jetzt die Ungleichheiten.

Corona in München: Sonnenhungrige an Isar und in Parks pfeifen auf Abstandsregeln

Dicht an dicht drängen sich die Menschen am Samstag an der Isar. Auch am Riemer See ist kaum mehr ein freies Fleckchen zu finden. Dass es vor Kurzem noch einen Lockdown wegen Corona gab und in München Abstandsregeln gelten – das scheinen die allermeisten hier völlig zu vergessen. 

Die Bilder sorgen für Kopfschütteln bei allen, die sich wegen der Pandemie noch an strenge Vorgaben halten müssen, wie beispielsweise Kulturschaffende und Gastronomie-Betreiber. Wie könne es sein, dass Biergarten-Besucher beim Gang zur Toilette Masken aufsetzen müssen, sich aber gleichzeitig an Badeseen Menschenmassen tummeln dürfen – ohne Masken und Abstand?

Coronavirus - Bayern
Dicht an dicht: Die Hitze am Samstag wollten die Münchner wie hier an der Reichenbachbrücke draußen genießen – trotz Corona. © Peter Kneffel/dpa

Dieter Janecek, Münchner und Bundestagsabgeordneter der Grünen, ärgert das Ungleichgewicht: „Ich frage mich schon, warum wir in Bayern weiterhin eine Dokumentationspflicht von Gästen in Biergärten und Außenbereichen von Gaststätten brauchen, wenn in München aktuell ein Covid-Fall am Tag hinzukommt und wir längst wissen, dass ein Infektionsrisiko vor allem in geschlossenen Räumen mit fehlender oder geringer Luftzirkulation besteht.“ Die Wahrscheinlichkeit, sich draußen zu infizieren, sei 20 Mal geringer als drinnen. 

Auch die bayerische Kabarettistin Lisa Fitz ist sauer über die Unterschiede: „Ich halte mich gerne an Regeln, aber verarschen lass’ ich mich nicht“, teilte sie mit. Grund für ihren Ärger: Bei Kulturveranstaltungen müssten die Besucher Abstand halten und während der Vorführung Masken tragen und im Flugzeug säßen die Passagiere wie eh und je eng aufeinander.

Markus Söder hat in München über das weitere Vorgehen in Sachen Corona-Tests informiert. Unvorsichtige Bewohner der Isar-Metropole warnte er.

Corona in München: Kontrollen angesichts der Menschenmassen schwierig

Die Corona-Regeln und deren Kontrolle sind auch für die Polizei eine tägliche Herausforderung. Angesichts der Menschenmassen an Seen und in Parks haben die rund 600 Beamten, die am Samstag erst bei der Demo gegen die Corona-Maßnahmen am Königsplatz eingesetzt waren, im Anschluss versucht, das Infektionsschutzgesetz durchzusetzen. Unter anderem mit Lautsprecherdurchsagen machten sie auf die Abstandsregeln aufmerksam. Kaum jemand schien dies jedoch noch ernst zu nehmen. Denn die Beamten seien mitunter nur bejubelt und beklatscht worden, sagt Polizeisprecher Florian Wirth. „In dieser Situation ist es nicht verhältnismäßig, einen Platz zu räumen.“ Greife man hart durch, könne man eine Eskalation provozieren.

Ludwigstraße München
Ludwigstraße, Samstag, 23.06 Uhr. Sperrstunde ist um 22 Uhr. © Schier

Allerdings betont er, dass die meisten Besucher sehr wohl in den erlaubten Kleingruppen an die Isar und an die Seen gekommen seien. Viele hätten auch versucht, sich an die Abstandsregeln zu halten – so gut es eben ging. Selbstverständlich habe man aber die Personalien aufgenommen, wenn Verstöße festgestellt wurden. Konkrete Zahlen waren am Sonntag nicht bekannt.

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Abstandslos am Riemer See: Die Menschen drängten sich am Samstag am Ufer. © Simon

Wegen der milden Temperaturen wurde die Polizei auch am Samstag in den Abendstunden mehrmals wegen Ruhestörungen gerufen. Gegen 23 Uhr gab es zudem einen Einsatz vor dem Filmcasino an der Ludwigstraße, da sich dort Menschentrauben gebildet hatten. Das Club-Restaurant hat jedoch offenbar eine Ausnahme-Genehmigung und muss nicht wie andere Gastronomie-Betriebe um 22 Uhr schließen.

*Merkur.de und tz.de sind Teile des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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