Corona-Mutationen rund um München auf dem Vormarsch? Bericht sorgt für Aufsehen - Oberarzt skeptisch

Sind die gefährlichen Coronavirus-Mutationen aus Großbritannien und Südafrika im Raum München schon rasant auf dem Vormarsch? Am Uniklinikum rechts der Isar ist man skeptisch.
- In München gehen die Corona-Fallzahlen langsam runter.
- Ein Labor berichtet von einem rasanten Anstieg von Corona-Mutationen.
- Der Münchner Infektiologe Dr. Christoph Spinner äußert sich zurückhalten und warnt vor Aktionismus.
München - Der Bericht der Apotheken-Umschau erregt Aufsehen. Demnach fand das Labor Becker & Kollegen, eines der größten Medizinlabore Bayerns, an verschiedenen Standorten zwischen dem 28. Dezember 2020 und dem 21. Januar 2021 deutliche Hinweise darauf, dass die beiden neuen Varianten von Sars-CoV-2* sich in und um München schnell ausbreiten.
In den 500 positiven Abstrichen, die bis 7. Januar nach einer neuen Testmethode, die das Labor mit entwickelt hat, untersucht wurden, wies nur eine Probe eine Mutation auf – das waren 0,2 Prozent. Bei den Abstrichen vom 20. Januar waren es 4,7 Prozent und am 21. Januar wiesen bereits 8,1 Prozent der analysierten positiven Abstriche eine der beiden Mutationen – die britische B1.1.7 und die südafrikanische B1.351 – auf.
Wüten Corona-Mutationen in München? „Klares Zeichen dafür,...“ schätzen Experten
Die Zahlen seien aber mit Vorbehalt zu betrachten, betont Professor Jürgen Durner, Facharzt für Labormedizin bei Becker & Kollegen, in dem Gesundheitsmagazin: „In Bezug auf die positiven Tests in ganz Süddeutschland ist das eine sehr kleine Stichprobe, die auch nicht repräsentativ ist.“ Die Tendenz aber solle man ernst nehmen. Der steile Anstieg sei ein „klares Zeichen dafür, dass sich die neuen Varianten derzeit sehr schnell ausbreiten.“
Ein anderes Indiz könnte der aktuelle Ausbruch in Berlin sein: Die dortige Humboldt-Klinik steht seit Samstag unter Quarantäne, weil 20 Personen positiv auf die britische Corona-Variante getestet wurden. Wie das mutierte Virus in die Klinik gelangte? Unklar.
Corona-Mutationen in München - Spinner: „Wir sollten nicht überstürzt handeln“
In München ist die Zahl der gemeldeten Coronavirus-Fälle indes zuletzt stark gesunken. Für Samstag wurden 138 Neuinfektionen und drei weitere Todesfälle gemeldet. Die Sieben-Tages-Inzidenz lag in München am nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) bei 79,9, so niedrig war sie zuletzt im Oktober 2020. Verfolgen Sie das Corona-Geschehen in München in unserem aktuellen News-Ticker*.

Auch deshalb ist Dr. Christoph Spinner, Oberarzt Infektiologie und Pandemiebeauftragter am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, skeptisch. „Bei uns im Klinikum rechts der Isar wurden die Mutationen bislang noch nicht nachgewiesen“, sagt er. „Es wundert mich, dass die Mutanten bei insgesamt fallenden Infektionszahlen im Verhältnis so zunehmen sollen.“ Immerhin sei das bei den Analysen von Becker & Kollegen in nahezu jeder zehnten Probe der Fall gewesen.
Spinner warnt vor Aktionismus. Bislang gebe es keine Berichte in Deutschland, dass die britische Virusmutation B1.1.7 bei Personen ohne Zusammenhang mit Großbritannien nachgewiesen wurde. „Wir sollten nicht überstürzt handeln“, sagt Spinner, „sondern genau hinschauen, die Situation analysieren und daraus entsprechende Maßnahmen ableiten.“
Sind die Corona-Varianten gefährlich?
Die britische Coronavirus-Mutation B1.1.7 und die südafrikanische Variante B1.351 sind nach aktuellen Erkenntnissen ansteckender als die ursprüngliche Coronavirus-Variante*. Beide haben ein verändertes Spike-Protein, das an der Oberfläche des Virus sitzt und leichter an menschliche Zellen andockt.
Besorgt zeigte sich dagegen SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ob der Ergebnisse des Münchner Labors. „Relevant“, twitterte er am Samstag. Das könne der erste Hinweis auf eine schnellere Ausbreitung der beiden Varianten in Deutschland sein. „Die Daten sind sehr vorläufig, müssen geprüft werden, sind aber beunruhigend.“
Infektiologe Spinner verweist lieber auf die aktuell positive Entwicklung. Generell gelte: „Wenn es weniger Neuinfektionen gibt, haben die Mutationen auch weniger Chancen, sich auszubreiten.“ *tz.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks
Vor einem Jahr wurde der erste Corona-Patient eingeliefert: Das große Interview zum Jahrestag der Pandemie mit dem Chef der München Klinik Dr. Fischer. Verfolgen Sie das Corona-Geschehen in München in unserem aktuellen News-Ticker*.