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Durchwachsene Halbzeitbilanz: So bewerten die Schausteller den „Sommer in der Stadt“

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Von: Stéphanie Mercier

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Der Sommer in der Stadt ist durchwachsen, und das liegt nicht nur am wechselhaften Wetter. Auch bei der gleichnamigen Wiesn-Ersatzaktion herrscht nicht überall eitel Sonnenschein. Ein Fazit zur Halbzeit.

München - Uwe Langhammer hat an seinem schlechtesten Tag ein einziges paar Einlegesohlen verkauft. 6,90 Euro dafür, dass er sich zehn Stunden lang in seinem Stand am Wittelsbacherplatz die Beine in den Bauch stand. „Was ich bisher in drei Wochen auf dem Wittelsbacherplatz eingenommen habe, mache ich sonst an einem guten Dult-Tag“, sagt er und zuckt müde mit den Schultern. Hoffnungen, die er in die Ersatz-Aktion der Stadt gesteckt hat, sind mit den ausbleibenden Besuchern gesunken. Nun hofft er, wenigstens die Kosten für Wareneinkauf und rund 1000 Euro Nebenkosten für den Stand decken zu können.

Als sich Anfang Juli die Pläne für die Mini-Wiesn konkretisierten, klangen sie spektakulär: Dort, auf der brach liegenden Theresienwiese, sollte ein buntes Aktionsprogramm die daheimgebliebenen Münchner unterhalten. Für die Theresienwiese hieß es: Kletterwand statt Freefalltower, Wildkatzendressur statt Löwenbräu-Grölen und Tennisspielen statt Mass-Stemmen. Zur Eröffnung am 24. Juli war klar: Alle drei Projekte sind gescheitert – zweimal fehlte das Geld, einmal setzten sich Tierschützer gegen das Projekt des Circus Krone durch. Und so ist dort das wohl noch belebteste Fleckchen der Palmengarten, mit Ausblick auf die Schotterfläche.

Die Theresienwiese im Corona-Sommer 2020: Die Ersatz-Wiesn „Sommer in der Stadt“ ist kaum zu sehen.
Die Theresienwiese im Corona-Sommer 2020: Die Ersatz-Wiesn „Sommer in der Stadt“ ist kaum zu sehen. © Achim Frank Schmidt

Sommer in der Stadt: Abseits der Wiesn kommt mehr Stimmung auf

Abseits der Wiesn kommt mehr Stimmung auf. Am Coubertin- und auch am Königsplatz hängt der Duft von frisch gebrannten Mandeln in der Luft, Schlagermusik dröhnt von den Fahrgeschäften und für einen Moment kommt Volksfestlaune auf. Das bestätigt auch Silke Krems, deren Kettenkarussell am Königsplatz steht. „Wir sind echt zufrieden“, sagt sie.

Die Halbzeitbilanz von Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) fällt noch besser aus. Er sei mit dem Sommer in der Stadt sogar „sehr zufrieden“, sagte er. Ihm sei aber bewusst: „An der ein oder anderen Stelle hakt es: Der Zulauf ist mancherorts nicht so, wie wir als Stadt das erwartet haben.“ Die Stadt wolle nachjustieren, Gespräche mit den Verbänden laufen bereits. Zudem wird über eine Verlängerung der Aktion verhandelt. „Möglicherweise bis zum Ende der Sommerferien oder sogar eine Woche länger“, kündigt der Wirtschaftsreferent an.

Sommer in der Stadt: Von einer Verlängerung würden vor allem die Fahrgeschäfte profitieren

Von einer Verlängerung würden vor allem die Fahrgeschäfte profitieren. Allein der Aufbau des Bayern-Tower, eines 30 Meter hohen Kettenkarussells auf dem Sommer-Tollwood-Gelände, hat rund 50.000 Euro gekostet. Je länger es dort seine Runden dreht, desto besser. Ein paar Schritte weiter steht das Lach+Freu-Haus von Eugen Distel. Auch er begrüßt eine Verlängerung. „20.000 Euro habe ich gezahlt, um das Geschäft frühjahrsfertig zu machen“, sagt er. Da die Stadt alle Stellplätze kostenlos zur Verfügung stellte, ging er das finanzielle Risiko ein.

Dennoch: Der Sommer in der Stadt hilft den Schaustellern nur bedingt. Ihr Geschäft ist auf volle Volksfeste ausgelegt, für Buden und Fahrgeschäfte haben viele Kredite aufgenommen, deren Zinsen sie nun nicht zahlen können. So auch Distel, der eine düstere Prognose abgibt: „Kommt es zum zweiten Lockdown, wird es 80 Prozent der Schausteller nicht mehr geben.“ *tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks.

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