Der König der Welle: Mit Arthur Pauli schwappte die Surf-Gaudi vor 50 Jahren nach München

Über 2000 Surfer gibt es in München. Ohne Arthur Pauli wäre der Eisbach heute vielleicht kein Kulturgut der Landeshauptstadt. Der 74-Jährige brachte Riversurfing nach Bayern.
München - Die Surfer am Eisbach – sie gehören zu München* wie der Schaum aufs Weißbier. Ein Kulturgut, weltberühmt! Doch was wenige wissen: Das Surfen in München hat heuer sein 50-jähriges Jubiläum. Arthur Pauli war der Mann, der den Boom ins Rollen brachte – heute gibt es über 2000 Surfer in der Stadt*. Wir sprachen mit dem heute 74-Jährigen, der im Kreis Traunstein lebt.
„Der Surf-Bazillus hat mich einfach gepackt“, erzählt Arthur Pauli. Los ging’s 1963: „Surfin’ USA“! Das Foto eines Surfers auf dem LP-Cover der angesagten Beach Boys faszinierte ihn. „Das wollte ich auch.“ Doch das Meer ist für den Buben aus Trostberg zu weit weg. Dafür fließt die Alz keine 100 Meter am Elternhaus vorbei. Ein erster Versuch auf einem umgedrehten Campingtisch floppt.
Surfen in München: Arthur Pauli brachte den Sport von der Alz an die Floßlände
1965 aber baut er aus Sperrholz und Glasfaser-Polyester ein Brett, das schon richtig nach California Beach ausschaut. Er bindet ein Seil an einen über den Fluss ragenden Baum, nimmt das Brett unter die Füße, greift das Seil… Es funktioniert! 1969 gelingt ihm an einer anderen Stelle der Alz, wovon er lange träumte: Aufs „Board“, zunächst mit Seil, dann losgelassen, frei stehend!

Auf einer Abenteuer-Reise zu den Atlantik-Wellen in Biarritz nach dem Abi kommt Pauli die Idee: Wie kann man das „Riversurfen“ in Bayern bekannter machen? Immer wieder hält er Ausschau nach reitbaren Flusswellen.
Arthur Pauli ist Münchens Riversurfing-Pionier - 1972 wurde ein Traum für ihn wahr
1971, Pauli ist mittlerweile Maschinenbau-Student an der TU, erzählt ihm sein Spezl Michael von einer Welle am Ländkanal in Thalkirchen. 200 Meter oberhalb der Floßlände strömt sie, am Ufer ist ein Rohr, an dem Pauli die Leine befestigen kann. Rein ins Wasser, rauf aufs Brett – es klappt! Ein Jahr später gelingt ihm der Traum auf einer stehenden Welle unter der Brücke an der Floßlände: Er reitet sie ohne Seil.
„Surfari“ - Das Buch über die bayerischen Anfänge des Riversurfens
Arthur Pauli hat ein Buch geschrieben über die abenteuerlichen Anfänge des Riversurfens. „Surfari“ erscheint am 8. März im Hansanord-Verlag und kostet 22 Euro.
Pauli, der nun bei Siemens arbeitet, nutzt jede freie Minute zum Surfen in München*. „Der Sport hat immer mehr Freunde gefunden.“ Ab 1975 veranstaltet Pauli hier sogar die Bayerischen Riversurf-Meisterschaften – mit Teilnehmern aus der ganzen Welt. Coole Surf-Contests fanden seitdem viele statt, und auf dem ganzen Globus verteilt gibt es heute Orte fürs Riversurfing.
Ernsthaft verletzt hat sich Pauli übrigens nie. „Trotz allem Draufgängertum bin ich doch ein Vorsichtiger.“ Heute, mit 74, lässt er es lieber bleiben. Stolz ist er aber schon, dass das Surfen mittlerweile nicht mehr wegzudenken ist aus München – dank ihm, dem Pionier der Welle. (ast) *tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA
Chronologie des Surfens in Bayern: So eroberte der Boom München
- 1971: Arthur Pauli ist Bayerns erster Fluss-Surfer (mit Seil) am Ländkanal in Thalkirchen.
- 1972: Pauli schafft eine Isar- Welle erstmals stehend ohne Seil.
- 1975: Erste Bayerische Riversurf-Meisterschaften. Mit den Disziplinen „Slalom“ (am Seil) und „Wake“ (auf der stehenden Welle). Die Ersten wagen sich mit Surfbrettern auch in den Eisbach. Noch ist es aber illegal – zu gefährlich.
- 80er-Jahre: Die natürliche Stromschnelle am Eisbach wird „reitbar“ gemacht: Erst durch das gezielte Verringern des zurückfließenden Kehrwassers, dann durch das Anbringen eines Holzbrettes unter Wasser.
- 90er-Jahre: Surfen wird dort zunehmend geduldet, ist aber immer noch illegal. Die Welle ist im Besitz des Freistaates und untersteht der Verwaltung des Englischen Gartens, der für Unfälle rechtlich belangt werden kann.
- 2007: Nach mehreren Toten im Eisbach (keine Surfer) will die Bayerische Schlösser- und Seen-Verwaltung die Welle zerstören, um das Schwimmen im Bach zu unterbinden. Eine Online-Petition und weitere Aktionen retten die Welle. Das Teilgrundstück wird vom Land Bayern an die Stadt München übertragen.
- 2010: Surfen am Eisbach wird offiziell legal.
- 2019: In einer Geheimaktion verhüllt die Interessengemeinschaft Surfen in München e.V. (IGSM) die Eisbachwelle, um ihre Forderungen deutlich zu machen: mehr Kapazitäten an der Floßlände, damit die Surfwelle in den Ferien und am Wochenende von früh bis abends genutzt werden kann.
- Juli 2020: Die IGSM sorgt mit Hilfe des Münchner OB Dieter Reiter dafür, dass das Surfen auf der Floßlände von 6 bis 21.30 Uhr möglich ist. Was 2022 gilt, ist noch nicht klar. Die drei großen Wellen in München sind heute die Eisbachwelle, die „E2 (Dianabadschwelle) und die auch für Anfänger geeignete Floßlände. Die IGSM setzt sich auch dafür ein, dass weitere Wellen legal und besser surfbar werden.