Neun Jahre und zehn Monate saß Markus S. dafür in der Jugendhaft. Am 14. Mai 2019 wurde er entlassen, jedoch nur unter strengen Auflagen: Für die Dauer von fünf Jahren muss er eine elektronische Fußfessel tragen, außerdem darf Markus S. keinen Alkohol und keine Drogen konsumieren, da laut Justiz ansonsten „erhöhtes Gewaltpotenzial“ droht.
Seit gestern ist klar: Markus S. muss wieder ins Gefängnis. Denn er hat nicht nur einmal gegen diese Führungsauflagen nach der Haft verstoßen, sondern doppelt. Das Amtsgericht München* verurteilte S. deshalb zu neun Monaten Haft. Er wird aber ziemlich sicher in Berufung gehen.
„Lächerlich“ nannte Markus S. das Urteil von Richterin Isabell Pisall. Sie hatte zuvor harte Worte für den verurteilten Mörder gefunden, der eingeräumt hat, im Sommer 2020 zweimal Kokain konsumiert zu haben, womit er gegen die Auflagen verstieß. „Das hätten Sie besser sein lassen sollen“, rügte die Richterin. „Die Strafe kann ich nicht mehr zur Bewährung aussetzen.“
Bitter für Markus S.: Er hat seit der Haft einen Job und ist verlobt. „Ich habe die Kurve gekriegt“, sagt der 29-Jährige, zwei Bewährungshelfer bescheinigen ihm eine „fantastische Entwicklung“. Doch zur Wahrheit gehört auch: Nur sechs Wochen nach der Haftentlassung wegen Mordes feierte S. im Juni 2019 in einer Münchner Disco und trank Alkohol. Die Fußfessel löste sich – und das rief die Polizei* auf den Plan, die ihn mit mehr als einem Promille im Blut aufgriff. Das Amtsgericht verurteilte Markus S. im Dezember 2019 zu drei Monaten Haft auf Bewährung. Die Bewährungszeit betrug aber zwei Jahre. So lange durfte sich S. nichts zuschulden kommen lassen. „Er scheint sein Leben in den Griff zu bekommen“, lautete die Einschätzung des Gerichts. Und lag damit falsch.
Denn im Sommer 2020 soll S. zweimal „Kokain in nicht geringer Menge“ konsumiert haben. Das gestand er am Donnerstag ein, sagte aber auch: „Ich musste mich nach der Haft erst einmal zurechtfinden und bereue den Konsum. Aber jetzt habe ich meinen Platz gefunden – zum ersten Mal in meinem Leben. Bitte geben Sie mir eine Chance!“
Das lehnte Richterin Pisall jedoch ab. „Ihre letzte Chance hatten Sie bereits.“ Bis zu drei Jahre Haft hätte sie sogar verhängen können. Die Menge des Kokainkonsums sei unerheblich – was zähle, sei der zweifache Verstoß gegen die Führungsauflagen.
Zum Unverständnis von Verteidiger Maximilian Pauls. Er argumentierte, bei Markus S. seien nur Abbauspuren von Kokain gefunden worden. Nachgewiesen durch zwei Urintests im Juni und August 2020. Ein toxikologisches Gutachten fehle. Zudem sei unklar, wo S. die Drogen genommen habe. „Er führt ein geregeltes Leben, zum ersten Mal. Will man ihm das jetzt wegnehmen?“ Erst der Berufungsprozess dürfte darüber entscheiden. *tz.de/muenchen ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA
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