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Aufzug seit November kaputt: Münchner rechnet mit ÖPNV ab - „Weltstadt ohne Herz“

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Von: Lucas Sauter-Orengo

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Robert Schüssler vor einem defekten Aufzug in Pasing.
Robert Schüssler vor einem defekten Aufzug in Pasing. © Privat

München - eine Weltstadt ohne Herz? Robert S. gibt einen schonungslosen Einblick in den Alltag eines Rollstuhlfahrers im ÖPNV - und hat ein großes Anliegen.

München - Mal eine Verspätung, mal eine kaputte Rolltreppe oder ein defekter Aufzug. Für Menschen, die den ÖPNV in München häufig nutzen, sind das alltägliche Hürden. Sie lösen viel Ärgernis aus, selten stellen sie jedoch ein unüberwindbares Hindernis dar. Doch das ist nicht für jeden so. Robert Schüssler ist 28 Jahre alt, er sitzt im Rollstuhl. Für ihn bedeutet ein kaputter Aufzug erstmal: Stillstand. Er steht stellvertretend für viele Menschen, die durch ein Handicap auf Barrierefreiheit angewiesen sind. Ein Einblick in seinen Alltag zeigt, wie oft das in München scheitert.

Münchner rechnet schonungslos mit ÖPNV ab - und nennt München „Weltstadt ohne Herz“

„Menschliches Verständnis ist weitreichend, hört aber irgendwann auf“, fasst Schüssler seine Gemütslage im Gespräch mit tz.de kurz und knapp zusammen. Der 28-Jährige arbeitet im Kundenservice eines Handyshops, „zum Glück“ im Home Office. Dennoch stehen Fahrten in die Stadt regelmäßig auf dem Programm, wie etwa zur Physiotherapie, auf die er dringend angewiesen ist. Zuhause ist Schüssler in der Nähe des S-Bahnhofs Langwied, zur Therapie muss er also erst einmal zum Hauptbahnhof fahren. Von dort geht es dann weiter nach Giesing, zur U-Bahnstation Silberhornstraße. Doch: „Seit November ist der Aufzug in Langwied kaputt“, berichtet der Rollstuhlfahrer.

Robert Schüssler vor dem defekten Aufzug in Langwied. Der Fahrstuhl ist seit November außer Betrieb.
Robert Schüssler vor dem defekten Aufzug in Langwied. Der Fahrstuhl ist seit November außer Betrieb. © Privat

S-Bahn-Aufzug seit November kaputt - Münchner berichtet von bitterem Tram-Erlebnis

Seine letzte Möglichkeit, in die Stadt zu kommen und halbwegs pünktlich zu sein, ist dann häufig die Tram. Also fahre er zum Pasinger Bahnhofsplatz und warte auf die Straßenbahn. Doch auch dort kommt es zu Problemen, wie ein jüngstes Beispiel deutlich macht: „Als die Tram eingefahren ist, sieht mich der Fahrer und kommt sofort zu mir raus und sagt: ‚Leider kann ich sie nicht mitnehmen, da die ausfahrbaren Rampen gerade kaputt sind‘“. Der 28-Jährige steht ob des kaputten Aufzugs in Langwied seit vielen Wochen in Kontakt mit der Deutschen Bahn. Ernüchtert berichtet er: „Es gibt keine genauen Auskünfte; das Teil sei bestellt, die warten auch drauf.“

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ÖPNV in München: Rollstuhlfahrer schlägt Alarm - „müssen endlich aufhören“

Eindrücklich zeigt ein Rückblick auf seine letzten zehn Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wie bitter die Lage für ihn ist: Keine einzige davon lief ohne Störungen. Die Probleme der Barrierefreiheit im ÖPNV gehen für den Münchner aber viel weiter als „nur“ ein kaputter Aufzug oder eine defekte Rampe. Viel mehr vermisst er Aufmerksamkeit in Gesellschaft und beim Betreiber für die aus seiner Sicht teils eklatanten Zustände. „Wir leben im 21. Jahrhundert, und wir müssen endlich aufhören, diese Aufteilung zu betreiben. Nur weil ich nicht zwei gesunde Beine habe, heißt das nicht, dass ich nicht auch ein ganz normales Leben führen kann.“

Für Robert Schüssler ist München in diesem Kontext die „Weltstadt ohne Herz“, das Problem müsse im ganz großen Stil angegangen werden. Eins ist für ihn jedoch klar: So kann es nicht weitergehen. „Ich möchte damit auf die Missstände aufmerksam machen und, dass für uns Menschen mit Behinderungen eben dieser Aufzug oder diese Rampe notwendig sind und immer funktionieren müssen.“

Die Münchner Verkehrsgesellschaft ließ eine Anfrage unserer Redaktion zunächst unbeantwortet.

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