1. tz
  2. München
  3. Stadt

Mysteriöser Vorfall in der Paulskirche: Glocken bimmeln eine Stunde lang durch - wurde neuer „Tatort“ gedreht?

Kommentare

Mesner Tran (49) und Roman Rückner (53) testeten gestern das Glockengeläut in der St. Paulskirche
Mesner Tran (49) und Roman Rückner (53) testeten gestern das Glockengeläut in der St. Paulskirche © SIGI JANTZ

Den sanften Klang der Kirchenglocken kennen die Bewohner der Ludwigvorstadt: Zu jeder Viertelstunde ertönt der altehrwürdige St. Paul aus 97 Metern Höhe - normalerweise. Denn gestern Vormittag gab es ab 11 Uhr plötzlich ein ungewohntes Dauergebimmel, das gar nicht mehr aufhören wollte.

München - Herrgottsakrament, dachten sich viele: Was war denn da nur los in der Pauls-Kirche? Die tz hat beim Pfarrverband im Westend nachgefragt: „Keine Sorge, das war kein Defekt“, sagt Verwaltungsleiter Oliver Schulze Nahrup. Schnell gingen Gerüchte um, dass es sich um eine professionelle Medienproduktion handelt. Wurde gar der neue Tatort an der Theresienwiese gedreht? „Nein, auch das nicht“, lacht Schulze Nahrup. Die Antwort sei viel einfacher: „Ein Hobbymusiker hat den Klang unserer Glocken aufgenommen.“

Wie ist dazu gekommen ist? „Das weiß ich ehrlich gesagt auch nicht“, schmunzelt der Verwaltungsleiter. „Eine kuriose Idee.“ Sie stammt von Roman Rückner (53) - der Hobbymusiker war gestern quasi der Glöckner von St. Paul. „Ich liebe den Klang und möchte ihn den Menschen näher bringen“, sagt der Münchner. Rund 3500 verschiedene Töne hat er bereits aufgezeichnet - dafür stieg er jeweils in die Glockentürme der ganzen Stadt.

München: Kirchenglocken klingen eine Stunden lang - Hobbymusiker nimmt die Töne auf

Bis in die „Wipfel“ von St. Paul sind es knapp 300 Stufen: Kein Problem für Rückner. „Ich habe dort gestern die ganze Bandbreite der Töne einmal durchgeläutet.“ Und so das Viertel rund eine Stunde lang auf Trab gehalten - erst gegen 12 Uhr war Schluss mit dem Gebimmel. Beim 12-Uhr-Schlag stand Rückner sogar noch neben der großen Hosanna-Glocke, die sechs Tonnen wiegt.

In der St. Paulskirche an der Theresienwiese kam es gestern zu dem mysteriösen Vorfall
In der St. Paulskirche an der Theresienwiese kam es gestern zu dem mysteriösen Vorfall © Archiv

Ein himmlisches Hobby! „Hosanna gehört zu den größten Münchner Geläuten“, sagt Rückner. Sein Lieblingston? „E null oder G null sind besonders. München ist die Großstadt mit den meisten Kleinoktav-Geläuten“, sagt der Hobby-Musiker. Im Glockenturm wirkt er beseelt: „München ist das Eldorado für Glocken-Freunde.“ 1995 begann er, die Kirchentöne aufzunehmen, die er seither auf CDs archiviert. Im irdischen Leben ist Rückner Werbegrafiker. Seit 34 Jahren aber auch Mesner und zuständig für bis zu fünf Gemeinden. „Und das als Evangelischer“, lacht er und verrät: „Vor drei Jahren bin ich dann zum katholischen Glauben konvertiert.“ Beim Pfarrer Schießler war das. „Nach all den Jahren: Das wurde wirklich mal Zeit.“

Auch interessant

Kommentare