Münchner überlebte das Wiesn-Attentat - und verklagt jetzt den Freistaat: „Die Bombe hat mein Leben zerstört“

13 Tote und 200 Verletzte verursachte das Bomben-Attentat auf dem Oktoberfest 1980. Robert Höckmayr (53) überlebte – doch Körper und Seele leiden bis heute. Am Sozialgericht klagt er nun auf Entschädigung – denn für die Geschädigten geht es auch um die Altersabsicherung
- Auf dem Oktoberfest 1980 gab es einen rechtsextremen Bombenanschlag.
- 13 Menschen starben damals, zudem gab es mehr als 200 Verletzte.
- Robert Höckmayr (53) überlebte schwer verletzt - vom Freistaat fordert er eine Entschädigung.
München - Robert Höckmayr trägt fast 30 Splitter in seinem Körper - es sind Überreste des schrecklichen Bombenattentats auf der Wiesn 1980. Er überlebte - aber führte ein Leben in Schmerz und Leid. Am Münchner* Sozialgericht will der 53-Jährige diese Schäden nun geltend machen und hat den Freistaat auf soziale Entschädigung verklagt. Seine Forderung: die Anerkennung eines Behindertengrades von insgesamt 70 Prozent.
„Mein Mandant hat unglaubliches Leid erfahren, aber sich trotz dieser Umstände zurück ins Leben gekämpft“, sagt sein Anwalt Alexander Frey. In dem Prozess geht es nun auch um die Altersabsicherung für die Geschädigten des Oktoberfest-Attentats. Aktuell hat Robert Höckmayr einen Behindertengrad von 50 Prozent und würde nur rund 274 Euro Rente bekommen. Durch die geforderte Erhöhung wären es dann 482 Euro.

München: Geschädigte des Bomben-Attentats kämpfen um Entschädigung
Aber es geht auch ums Prinzip, sagt Frey: Denn Robert Höckmayr kämpft seit Jahren um die Anerkennung der Opfer von damals. Heuer wurde nach mehr als 40 Jahren erstmals ein gemeinsamer Solidarfonds von Bund, Freistaat und der Stadt München ausgezahlt: Insgesamt 1,2 Millionen Euro erhielten 90 Geschädigte. „Natürlich ist das vier Jahrzehnte zu spät“, gestand Oberbürgermeister Dieter Reiter* ein, „und viel zu wenig, um auch nur ansatzweise für das erlittene Leid und die lebenslangen Folgen zu entschädigen.“
Robert Höckmayr etwa hatte zuletzt zweimal je 15.000 Euro erhalten. Laut Reiter „ein finanzielles Zeichen der Anerkennung.“ Immerhin. Doch Höckmayr fragt sich: Wie soll man als Invalide im Alter leben? Damals, mit zwölf Jahren, hatte er hinter dem Attentäter gestanden, als die Bombe explodierte. Nervensystem und Rücken sind bis heute schwer geschädigt – und natürlich auch die Seele: zwei Geschwister Höckmayrs starben vor Ort auf der Theresienwiese, zwei weitere brachten sich später um. „Die Bombe hat mein Leben zerstört“, sagt der 53-Jährige. „Und auch meine Familie.“ Bis heute leidet er unter Ängsten und Depressionen.

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Prozess in München: Richter entschuldigt sich bei Überlebendem
Das Sozialgericht wiegelte Höckmayrs Forderung zunächst ab, sieht den Fall mittlerweile aber anders - auch aufgrund der „anerkannt unverzeihlichen Ermittlungsdefizite“, die Richter Knipping seitens der Polizei* moniert. Er entschuldigte sich sogar schriftlich bei Robert Höckmayr, da vor allem psychische Traumata heute viel besser erforscht sind. Rund 40 Mal wurde Höckmayr seit der Bombenexplosion von Ärzten begutachtet, nächsten Freitag wird sein Prozess verhandelt. *tz.de/muenchen ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA