Wiesn-Verlegung in den Sommer: Die Polizei hat große Bedenken - „Kommen gar nicht mehr aus den Stiefeln“

Das Oktoberfest um ein paar Wochen vorziehen – dieser Vorschlag aus dem Rathaus bewegt die Stadt. Die Polizei ist skeptisch. Sie verweist auf die hohe Einsatzbelastung in diesem Jahr – und schlägt einen Zeitraum im Juli vor.
In den beiden vergangenen Jahren musste das größte Volksfest der Welt ausfallen, zu groß waren die Bedenken rund um den Infektionsschutz. Auch die Jahreszeit spielt dabei eine Rolle: Im Herbst lagen Richtwerte wie die Inzidenz* oder die Hospitalisierungsrate stets viel höher als im Sommer. Eine Massenveranstaltung wie das Oktoberfest mit reichlich Alkoholkonsum wurde dadurch viel zu riskant.
Wiesn-Verlegung: Die Polizei hat große Bedenken
Vor diesem Hintergrund hat die Stadt erste Überlegungen geäußert, die Wiesn – damit sie heuer überhaupt stattfinden kann – um ein bis zwei Wochen vorzuziehen. Eventuell sogar in den August.
„Diese Meldungen lassen aufhorchen“, heißt es dazu von der Bayerischen Polizeigewerkschaft*. Denn die noch vorsichtigen Überlegungen der Stadt wurden anscheinend ohne Einbeziehung der Sicherheitskräfte angestellt. Der Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, Jürgen Köhnlein, gibt denn auch zu bedenken: Speziell die Einsatzbelastung der Polizei* werde im Jahr 2022 nochmals deutlich ansteigen.

Falls die Wiesn wirklich vorgezogen würde, schlägt er einen Zeitraum im Sommer vor. „Vom 10. bis 31. Juli wäre kein anderes polizeiliches Großereignis in Bayern geplant. Also perfekt für kollektives Feiern und Trinken“, sagt Köhnlein leicht spöttisch.
München: Polizisten brauchen Zeitraum für Überstunden-Abbau und Urlaub
Aber: Dieser Zeitraum wäre „auch die einzige Phase, in der rund 30 000 Polizistinnen und Polizisten im Freistaat dann am besten gleichzeitig ihren Resturlaub aus 2021, massenweise Überstunden aus den diesjährigen Einsätzen und ihren Jahresurlaub 2022 einbringen könnten“.
Köhnlein listet auf: „Die nächsten Wochen werden uns Corona-Spaziergänge weiter beschäftigen. Es folgt die Sicherheitskonferenz in München, möglicherweise werden ab März Zuschauer bei den Spielen der Fußball-Bundesligen mit acht bayerischen Klubs wieder zugelassen, Ostermärsche im April, ab Mitte Mai Passionsspiele in Oberammergau.“ Schon jetzt kümmere sich ein großer Stab um die Vorbereitung des G7 in Elmau, der dann „tausende Polizeibeschäftigte in eine wochenlange Urlaubssperre zwingt“. Im Juni läuft die Innenministerkonferenz in Würzburg, im August die European Championships in München*. Noch gar nicht eingerechnet seien spontane politische Entwicklungen samt Demonstrationen.
München: Vorsitzender der Polizeigewerkschaft sieht Wiesn-Vorverlegung kritisch
Eine Vorverlegung der Wiesn sieht Köhnlein daher kritisch. „Meine Kolleginnen und Kollegen kommen gar nicht mehr aus den Stiefeln und w siehtürden ihren Urlaub gerne dann nehmen, wenn sie ihn körperlich und mental am nötigsten haben, und nicht, wenn sich mal ein kleines Zeitfenster öffnet.“ Vor allem müsse man damit rechnen, dass im Spätherbst und Winter das Reisen wieder eingeschränkt werde.
Überlegungen der Stadtspitze, das Oktoberfest vorzuverlegen, finden bei Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) dagegen offene Ohren. Die „Bild“ zitiert den Minister mit den Worten, im Sommer sei die Corona-Lage* deutlich entspannter. „Es ist deshalb ernsthaft zu überlegen, Feste mit größeren Menschenansammlungen mehr in den Sommer zu verlegen.“ Wirtschaftsreferent und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) sagte am Dienstag, ein Arbeitskreis der Stadtratsfraktionen komme in der kommenden Woche zusammen, um die Argumente auszuloten. *Merkur.de und tz.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA