Das Problem trifft nämlich längst nicht nur die München Klinik, sondern die allermeisten Häuser in der Landeshauptstadt. Viele treibt der Pflegenotstand derart in die Enge, dass sie immer öfter Intensivbetten bei der Rettungsleitstelle abmelden. Diese hat zuletzt mitunter bereits um 10 Uhr früh kein freies Intensivbett mehr in der Stadt bekommen und musste Notfallpatienten in die Umlandkrankenhäuser karren lassen.
Zur Erklärung: In München* nutzen die Klinken eine Meldesystem namens Ivena, um ihre Aufnahmebereitschaft zu signalisieren. Doch die war zuletzt oft schnell ausgeschöpft. In der Folge gab es weniger Platz für Patienten mit einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder andere Notfälle. „Die Auslastung der Münchner Intensivstationen ist für die Jahreszeit ungewöhnlich hoch“, bestätigt ein hochrangiger Arzt gegenüber unserer Zeitung. „Und das, obwohl die Corona-Lage noch unter Kontrolle ist, die Grippe erfahrungsgemäß erst im Winter voll durchschlägt und heuer keine Wiesn stattfindet.“
Zum Hintergrund: Natürlich könnten die leistungsstarken Münchner Kliniken – insgesamt eine sichere Bank bei der Patientenversorgung – rein von der technischen Ausstattung her weitere Intensivbetten zur Verfügung stellen. Aber weil ihre Mitarbeiter bereits auf dem Zahnfleisch gehen, wollen sie erst mal ihr normales Programm abarbeiten. Dazu gehören unter anderem Operationen, die während der Hochphase der Pandemie nicht vorgenommen werden konnten. Ferner treibt sie die Sorge um, sich über Notfallpatienten weitere Corona-Fälle ins Haus zu holen – und damit womöglich organisatorische Folgen.
„Jeder Mitarbeiter, der zusätzlich in Quarantäne muss, reißt ein nicht zu stopfendes Loch“, berichtet ein Krankenhaus-Manager unserer Zeitung. „Unsere Leute drohen inzwischen ganz offen damit, dass sie neue Belastungen nicht mehr mitmachen.“ Das bestätigt auch Betriebsrätin Greif: „Wir warnen seit Jahren vor dem Notstand. Corona hat ihn zusätzlich verschärft, die Kollegen sind ausgepowert, Kündigungen nehmen zu. Inzwischen sagen sogar schon die Azubis, dass sie sich niemals vorstellen können, diesen Job bis zur Rente zu machen.“
Als Ursache der prekären Lage gilt vielen Experten die Kommerzialisierung des Gesundheitssektors in Deutschland. Derweil soll in München ein Acht-Punkte-Plan die Pflege-Berufe attraktiver machen.*tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA