Prozess ums Uhrmacherhäusl beginnt: Giesinger Bündnis hofft auf „gerechte Strafe“ für Eigentümer

Der Abriss des Giesinger Uhrmacherhäusls vor knapp fünf Jahren bewegte ganz München. Heute beginnt der Prozess gegen Eigentümer Andreas S. und den Bauunternehmer.
Dort, wo einst ein denkmalgeschütztes Häuschen stand, klafft eine Lücke an der Oberen Grasstraße. Am 1. September 2017 war das Uhrmacherhäusl abgerissen worden (wir berichteten). Ab heute müssen sich der Eigentümer Andreas S. und der Bauunternehmer vor dem Münchner Amtsgericht verantworten.
München: Denkmalgeschütztes Uhrmacherhäusl abgerissen - Prozess beginnt
Es soll ein mutmaßlich abgekarteter Plan aus Profitgier gewesen sein. Andreas S., Eigentümer des Giesinger Uhrmacherhäusls, soll laut Anklage gewusst haben, dass die Stadt einen Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes nie erlauben würde. Eben aus diesem Grund sei offiziell lediglich ein Antrag auf Sanierung eingereicht worden. Im Hintergrund soll S. aber angeblich einen Münchner Bauunternehmer damit beauftragt haben, das Denkmal abzureißen.

Das Ganze hätte nach außen hin allerdings so wirken sollen, als wäre der Abriss im September 2017 nicht geplant gewesen – sondern versehentlich passiert. Das merkten in der Vergangenheit bereits Politiker und die Bürgerinitiative Bündnis Heimat Giesing an. Andreas S. wird der gemeinschädlichen Sachbeschädigung beschuldigt, der Bauunternehmer soll Beihilfe geleistet haben.
München: Gerichtsverfahren dreht sich nicht nur um den Abriss
Doch das Verfahren vor dem Amtsgericht dreht sich nicht einzig um den Abriss an sich und die vorhergehenden Umstände. Andreas S. wird auch vorgeworfen, ehemalige Mieter des Uhrmacherhäusls genötigt zu haben.
Der Geschäftsführer hätte sogenanntes kaltes Entmieten praktiziert, so die Anklage. Vermieter versuchen in solchen Fällen, ihre Mieter zum Auszug zu zwingen, beispielsweise indem sie das Wasser oder die Heizung abstellen und den Wohnraum damit unbewohnbar machen. Auf Anfrage bei den Anwälten von Andreas S. teilten diese mit, dass man vor Beginn der Hauptverhandlung keine Stellungnahme zu den Vorwürfen abgeben werde.
Für das Verfahren am Amtsgericht sind sieben Verhandlungstage angesetzt. Bisher sind laut Gericht 31 Zeugen geladen. Ein Urteil wird voraussichtlich Ende Juni fallen. Parallel hatte Andreas S. vor einigen Monaten einen Bauantrag bei der Stadt eingereicht. Er ist nach Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs dazu verpflichtet, das Häusl in seinen historischen Gebäudemaßen wiederaufzubauen. Es sollen zwei Wohnungen entstehen.
Bündnis Heimat Giesing erwartet „gerechte Strafe“ für Eigentümer
Beim „Bündnis Heimat Giesing“, das seit dem Abriss regelmäßige Mahnwachen in der Oberen Grasstraße 1 abhält, will man das Strafverfahren genau beobachten. „Wir wollen dem Gericht nicht vorausgreifen, aber wir erwarten schon, dass der Eigentümer eine gerechte Strafe erhält – unter Ausschöpfung des gesetzlich möglichen Strafmaßes und mit entsprechenden Strafzahlungen“, erklärt Bündnissprecher Udo Siefken.
Man hoffe deshalb sehr, dass Staatsanwaltschaft und Polizei eine umfangreiche Recherche zu dem Fall durchgeführt haben. Denn beim Prozess müssten unbedingt auch die vor dem Verwaltungsgericht „aufgetischten Märchen und Ausreden“ auf den Tisch kommen. „Wir erwarten, dass das Gericht beweisen wird, dass der Abriss genauestens geplant und vorbereitet war und das Denkmal widerrechtlich abgerissen wurde.“
Dieses augenscheinlich abgekartete Spiel solle ins Urteil gegen den Beklagten ebenfalls angemessen einfließen. „Denn er hat nie Reue gezeigt und nie die Wahrheit gesprochen.“ In Giesing erhofft man sich hier eine deutliche Signalwirkung, die über das kleine Häusl in Giesing hinausgeht und historische Substanzen künftig mehr schützt. Wünschenswert wäre für Siefken zudem, dass auch eine Verurteilung wegen kalter Entmietung erfolgt.
Das Urteil könnte so zu einem Präzedenzfall werden und damit abschreckende Wirkung für künftige Fälle entwickeln. „Eine Unterstützung für den Mieterschutz.“ (ick)
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