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So sieht uns Münchner der Rest der Welt

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Der Kini (l.) und der Kaiser. © Gebhardt

München - Wie sieht der Rest der Welt eigentlich München und die Münchner? Ex-Wiesn-Chefin Gabriele Weishäupl verrät in der Reportage von Heinz Gebhardt, welche langjährigen Erfahrungen sie gemacht hat.

Brenzlig ist es für Gabriele Weishäupl immer dann geworden, wenn Münchner Trachtler oder Musiker auf Auslandsreisen „Lust auf an Schmei“ hatten. Dass die Münchner das Bier aus Liter-Kübel trinken, wusste man ja, „aber dass wir auch gerne mal a Pries ,Koks’ reinziehen: Da haben die Gastgeber immer gestaunt. Besonders der ­Pfefferminz-Schnupftabak ist ja vom echten ,Schnee’ kaum zu unterscheiden und da musste ich dann schon mal vermittelnd eingreifen …“

 Dafür hat der Rest der Welt der ehemaligen Tourismus- und Wiesn-Chefin 28 Jahre lang bedingungslos geglaubt, dass Münchnerinnen und Münchner die liebenswürdigsten, nettesten und charmantesten Menschen sind. Schon von ­Berufs wegen hat ­Weishäupl immer genau gewusst, was die Welt von München hält – und wer die bekanntesten Münchner sind. Hier geben wir Ihnen einen Überblick:

König Ludwig Superstar

Für Amerikaner, Franzosen, ­Japaner und Chinesen ist der bekannteste „Ur-Münchner“ König Ludwig II., ­geboren in Schloss Nymphenburg. „Für die lebt der Kini praktisch immer noch – und keiner würde sich wundern, wenn er ihnen plötzlich auf der Straße begegnen würde“, meint Weishäupl. „Alles, was mit Schlösser, Residenzen, mit Prunk und mit Münchner Architektur zu tun hat, wird von den Fremden dem Märchenkönig in die Schuhe geschoben. Sein Großvater Ludwig I. (geboren in Straßburg) geht da völlig unter. Bei dieser kulturellen Vielfalt haben aber auch alle mein München-Motto verstanden, das ich 28 Jahre lang hinausposaunt habe: ­Munich is more than Octoberfest!"

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Biotope mit grantigen Ureinwohnern

Wenn in diesen verflixten Fremdenführern nicht immer wieder was vom „Grant“ und den „grantigen Münchnern“ stehen würde, „was man sowieso in keine andere Sprache übersetzen kann …“ Weishäupl drehte dann den Spieß immer um und verkaufte die angeblich „grantigen Münchner“ als Sensation: „Ja, ja, da gibt’s in München noch ein paar Biotope, in denen noch ein paar Ureinwohner leben – die sind manchmal nicht ganz so höflich, aber wirklich ganz nette Menschen, wenn man sie nur in Ruhe lässt.“

Mehr Bayern-Fans in China als in Deutschland

Der bekannteste lebende ­Urmünchner ist und bleibt „Kaiser“ Franz Beckenbauer (tatsächlich geboren in München). Überhaupt: der FC Bayern! Unter den Chinesen gibt’s wahrscheinlich mehr Bayern-Fans als in Deutschland. Weishäupl: „Die Chinesen sind wahnsinnig fußballnarrisch und deutscher Fußball ist bei ihnen identisch mit dem FC Bayern.“ Für die Japaner ist „Flanz Beckenbauel“ natürlich auch München pur, aber sie interessieren sich mehr für die Münchner Museen, die Oper und die Münchner Konzerte: für sie alles Institutionen von Weltrang. Die Amerikaner sind dagegen sehr emotional mit den Münchnern verbunden: Die Väter der heutigen Generation kannte München ja noch von der Besatzung nach dem Zweiten Weltkrieg – und den meisten hat’s hier narrisch gefallen. Viele haben damals Münchnerinnen geheiratet und mit dem ,deutschen Frollein-Wunder’ waren ja die schönen Münchnerinnen gemeint. Viele Amis kommen heute noch wie ihre Väter immer zur gleichen Zeit nach München: zum Oktoberfest!

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Riesenrespekt vor den Riesen-Schweinshaxen

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© Gebhardt

Das Einzige, womit Fremde – besonders Japaner – gar nicht zurecht kommen, sind die Münchner Schmankerl. Weishäupl: „Von der Briesmilzwurst bis zum Sauren Lüngerl, Kalbsherz, Nieren, Bries, Blut-und Leberwürst – davor graust’s die Leute, die können unsere Innereien nicht anschauen! Und dann die Münchner Portionen! Japaner und Chinesen stehen immer wieder fassungslos und hilflos vor den riesigen Münchner Schweinshaxen und Bratenportionen.“ Völlig ratlos begegnen Fremde aus allen Teilen der Erde auch immer wieder den Münchner Weißwürsten. „Die Amis wollen sie gegrillt mit Tomatenketchup, die Chinesen schneiden sie in kleine Scheibchen und essen sie gerne mit Sauerkraut und Curry, den Japanern sind sie meist zu lätschert, sie drehen die halbe Pfeffermühle drauf.“ Da resigniert Weishäupl: „Was sollte ich denen dann noch vom Zuzeln erzählen?“

Bayern, nicht Deutsche!

Im roten Dirndl als „President of Octoberfest“ war Gabriele Weishäupl (geboren in Passau, Foto unten beim Standkonzert) auf allen Kontinenten bekannt wie ein bunter Hund und der Inbegriff der „schönen Münchnerin“, der „touristisch gar nicht ausgeschlachtet“ werden brauchte. Denn „dass die Münchnerinnen zu den schönsten Frauen des Kontinents gehören, ist eine allbekannte Tatsache.“ Von Fremden werden die Münchner in erster Linie als Bayern und nicht als Deutsche empfunden, was reduziert wird auf Märchenkönig, Schlösser, Bier und Oktoberfest. Für Ausländer sind die Münchner am wenigsten typisch deutsch, sondern exotisch und sehr südländisch. München wird eher als nördlichste Stadt Italiens empfunden als die heimliche Hauptstadt Deutschlands. Weishäupl: „Das Temperament der Münchner wird immer bewundert. Ihre Offenheit und Ehrlichkeit und dass jeder das sagt, was er denkt. Den Münchnerinnen und Münchnern wird überall ungeheure Sympathie entgegengebracht.“

Die Heilige Maria begeistert Araber und Russen

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© dpa

Die meisten neuen München-Fans sind Araber und Russen. Weishäupl: „Die finden es bei uns Münchnern einfach paradiesisch, vor allem sicher und ungewöhnlich sauber. Viele sagen, dass sie noch nie eine so sauber gereinigte Stadt wie München gesehen haben.“ Begeistert sind viele Gäste auch von der Marienstatue auf der Mariensäule: So viel Gold auf einem Haufen mitten in der Stadt haben sie noch nie ­gesehen. Und das Geschäft läuft auch: „Die Münchner Juweliere haben wahrscheinlich noch nie so viel Schmuck verkauft wie in den letzten Jahren an Araber und Russen.“

Mia san mia und uns kennt koana

Das ewig jung erhaltende Lebenselixier der Münchner, der täglich gedruckte Klatsch und Tratsch um Promis, Pochers, Beckers, das tägliche Wer-mit-wem-wann-wo-Quiz, und die weltbewegende Frage, mit der Wievielten Loddar mal wieder im P1 gesichtet wurde … Nichts aus der Münchner Schickeria interessiert die München-Touristen und den Rest der Welt. Gabriele Weishäupl meint jedenfalls: „Die Eisbach-Surfer sind tausendmal bekannter als das P1 ­daneben.“ So kann man sich als Münchner Promi täuschen: Mia san mia und uns kennt koana …

München - auferstanden aus Ruinen

Heinz Gebhardt

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