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Grundstück für 72 Wohnungen: Grün-Rot nutzt Vorkaufsrecht nicht - Opposition: „Es ist irritierend“

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Die Stadt verzichtet darauf, dieses Grundstück zu kaufen. Dabei hätten dort 72 Wohnungen gebaut werden können.
Die Stadt verzichtet darauf, dieses Grundstück zu kaufen. Dabei hätten dort 72 Wohnungen gebaut werden können. © Marcus Schlaf

Der Stadtrat lehnt es ab, ein Gelände nahe des Giesinger Grünspitz zu erwerben. Dabei hätten dort 72 günstige Wohnungen entstehen können.

München - In München* gibt es 32 Erhaltungssatzungsgebiete, in denen rund 334 900 Menschen in 192 000 Wohnungen leben. In diesen Gebieten besitzt die Stadt ein Vorkaufsrecht für Grundstücke und Gebäude. Will der ursprüngliche Kaufinteressent dieses umgehen, muss er eine Abwendungserklärung unterzeichnen. Damit verpflichtet sich der Käufer, beispielsweise keine Luxusmodernisierungen durchzuführen und sich an Mietpreis- und Belegungsbindungen zu halten. Am Donnerstag nun hat der Kommunalausschuss mit den Stimmen von SPD und Grünen ein solches Vorkaufsrecht für ein Grundstück abgelehnt.

SPD: „Wir prüfen jedes Vorkaufsrecht gründlich und aufwendig“

Das Areal liegt nahe des Giesinger* Grünspitz, zwischen Tegernseer Landstraße, Perlacher Straße und Rainthaler Straße. Aktuell befinden sich darauf ein Einfamilienhaus und zwei Gewerbeeinheiten. Laut Lokalbaukommission wären auf dem Grundstück Wohnbaurechtsreserven vorhanden. Auf rund 6200 Quadratmetern Geschossfläche könnten 72 Wohnungen entstehen. Die Stadt hätte das Grundstück für rund 22 Millionen Euro erwerben können, inklusive Wohnungsbau kalkuliert die Verwaltung mit Gesamtkosten von 54 Millionen Euro. Die Gewofag hatte bereits Interesse signalisiert und würde 7,65 Millionen Euro mittels Krediten finanzieren. Den Rest hätte die Stadt stemmen müssen, doch der Stadtrat lehnt das ab. Zum Vergleich: 2020 hatte die Stadt das Vorkaufsrecht in 21 Fällen ausgeübt und 296 Wohnungen mit 17 336 Quadratmetern Fläche vor Luxussanierungen geschützt. Kostenpunkt: 147 Millionen Euro.

„Wir prüfen jedes Vorkaufsrecht gründlich und aufwendig“, sagt SPD-Vize Kathrin Abele. Die Schwerpunkte lägen allerdings beim Mieter- und Milieuschutz. „Wir müssen auch auf die Finanzen schauen.“ Die städtische Kasse sei längst nicht mehr so voll wie vor der Corona-Pandemie. Sei ein Grundstück unbebaut und dort seien demnach auch keine Mieter vor Verdrängung zu schützen, dann müsse man sich schon fragen, ob ein Kauf Sinn ergebe. Abele: „Wir machen uns das nicht leicht, aber wir investieren lieber, wenn wir dadurch Mieter schützen können.“ Ein solcher Mieterschutz im Übrigen ist am Donnerstag auch erfolgt, da der Stadtrat den Kauf eines Mietshauses an der Hardenbergstraße beschlossen hat.

„Wir hätten das Gelände gern gekauft. Es ist irritierend, dass die Grünen ...“

Die Opposition gleichwohl kritisiert das Vorgehen. Linken-Chef Stefan Jagel sagte auf Anfrage: „Wir hätten das Gelände gern gekauft. Es ist irritierend, dass die Grünen immer über Bodenvorratspolitik schwadronieren, aber wenn es konkret wird, lehnen sie es ab.“ Nun gehe das Areal an einen Investor, der bindungsfreie Wohnungen errichten könne.

CSU-Stadtrat Andreas Babor kritisiert generell, dass sich Grün-Rot zwar das Ziel gesetzt habe, mehr Wohnraum im Eigentum der Stadt zu haben, dann aber kneife, wenn es drauf ankommt. Insgesamt sei es schade, dass sich hinter dem Argument der Haushaltslage versteckt werde. „Das ärgert mich, es wird nicht nach Lösungen gesucht. Dabei geben es kreative Ansätze, etwa Fremdfinanzierung oder die Teil-Umwandlung in Wohnungseigentum, um das Projekt zu finanzieren.“ -*tz.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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