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Münchner (77) spricht über Nahtod-Erfahrung: “Der Papa stirbt!‘“

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Von: Andrea Stinglwagner

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Werner Barz, Dachdeckermeister in Rente, leitet die Selbsthilfegruppe „NahTodErfahrung München“
Werner Barz, Dachdeckermeister in Rente, leitet die Selbsthilfegruppe „NahTodErfahrung München“ © Achim Schmidt

Was passiert, wenn ich sterbe? Menschen mit einer Nahtod-Erfahrung sind sich sicher, diese Frage beantworten zu können. Die Münchner Hochschule für Philosophie hat sich beim ersten Münchner Nahtod-Kongress dieser Frage wissenschaftlich gewidmet.

München - Dabei kamen auch Betroffene zu Wort. Wie Werner Barz (77), der Leiter der Selbsthilfe- und Studiengruppe NahTodErfahrung München. In der tz erzählt er, wie er dem Tod ins Auge blickte – und sein Leben danach ein anderes war.

Es ist 30 Jahre her, Dachdeckermeister Werner Barz kämpfte auf der Heimfahrt von einem Jesolo-Urlaub durch eine schwere Meningitis mit beängstigend hohem Fieber. „Mein Atem ist immer weniger geworden.“ Am Brenner fällt er durch die Erstickung ins Koma. „Im Auto hab ich noch meinen Sohn schreien gehört: ,Der Papa stirbt!‘“

Mehr zum Thema Nahtod-Erfahrungen lesen Sie im Buch von Patrick Theillier: "Beeindruckende Nahtoderfahrungen: Zeichen des Himmels" (Media Maria, 224 Seiten).

Kurz darauf wird ihn ein Mann reanimieren. In den wenigen Minuten bis dahin aber geschieht für Werner Barz Unfassbares. „Mir war klar: Ich sterbe. Ich war ein bisschen gläubig und hab gedacht: Herrgott, da bin ich.“ Aber kein jüngstes Gericht erwartet ihn. Im Gegenteil: „Es war, wie wenn auf einer Bühne der Vorhang aufgeht und der Scheinwerfer strahlt.“ Ein Licht umfängt ihn, gleichzeitig hat er ein „Gefühl von bedingungsloser Liebe und Geborgenheit“. Zeit und Raum sind aufgelöst, er hat plötzlich Antworten auf alle Fragen, sein Körper ist eins mit der Erde…

„Es war, als wäre ich innerlich umprogrammiert“

Er erwacht im Krankenwagen – als anderer Mensch. „Es war, als wäre ich innerlich umprogrammiert.“ Doch als er danach Freunden, Kollegen und der Familie davon erzählt, schlägt ihm Befremden entgegen. „Die haben gedacht, ich bin jetzt verrückt.“

Er ändert sein Leben, arbeitet in der Suchtberatung am Notruftelefon, als Sterbebegleiter im Hospiz. „Ich habe gespürt, ich muss was zurückgeben.“ Auch sein Glaube hat sich geändert: „Es gibt für mich keine Grenzen der Religionen mehr. Wir haben alle einen Schöpfer. Wir sind alle miteinander verbunden.“

Heutzutage seien die Menschen solchen Erfahrungen offener gegenüber als früher, freut sich Barz. Skeptiker gebe es dennoch viele. So erhielt die Hochschule im Vorfeld des Nahtod-Kongresses viel wütende Post, erzählt Vizepräsident Prof. Godehard Brüntrup. „Uns ist aber wichtig: Wir wollen als katholische Hochschule mit diesem Kongress keinen Beweis für das Jenseits liefern. Wir wollen ein Forum für Betroffene schaffen und das Thema aus der esoterischen Schmuddelecke he­rausholen. Die Wissenschaft sollte sich dem Thema noch mehr widmen – und zwar ergebnisoffen.“

Vielleicht könne die Medizin irgendwann Beweise für die Nahtod-Erlebnisse liefern. Aber wie könne ein Mensch etwas fühlen und sehen – während er hirntot ist? Betroffene sind sich jedenfalls einig: Nach dem Tod empfangen uns Frieden – und Liebe.

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