Münchner S-Bahn sucht neue Zugführer – so läuft das Casting

Die Münchner S-Bahn castet derzeit Quereinsteiger, weil ihr die Fahrer ausgehen. Wir sprachen mit Bewerbern, die sich den neuen Job zutrauen.
München - Davon träumen so viele Buben: Lokführer werden, richtig große Maschinen fahren, die lauteste Hupe der Stadt tröten lassen! Aber aus den Buben werden irgendwann mal Männer, die Berufswünsche ändern sich – und der Münchner S-Bahn gehen grad die Fahrer aus. Deshalb sucht das Unternehmen jetzt auf neuen Wegen Personal – und castet Quereinsteiger.
65 Lokführer will die S-Bahn heuer einstellen, dazu noch 25 Azubis. Weil derzeit mehr Leute in Rente gehen, als in den Beruf einsteigen, pressiert’s. Deshalb hat es das Unternehmen beim dreitägigen Casting, das grad läuft, vor allem auf Quereinsteiger abgesehen. Denn wer schon eine Lehre abgeschlossen hat, kann sich die Berufsschule sparen – und die Lokführer-Ausbildung von zweieinhalb Jahren auf neun Monate verkürzen.
„Geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente“
Zwar bevorzugt die S-Bahn Bewerber aus technischen Berufen, aber auch ein Metzger ist nicht chancenlos. Schon jetzt beschäftigt das Unternehmen Quereinsteiger als Lokführer. „Das sind oft Leute, die den Schichtdienst schon kennen, etwa aus der Hotellerie und Gastronomie“, sagt ein Bahnsprecher. Am Schichtdienst liegt der aktuelle personelle Engpass eh nicht. „Das ist ein demographisches Problem. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente“, sagt ein Bahnsprecher. Außerdem hat die S-Bahn zuletzt ständig ihren Takt verdichtet und neue Strecken in Betrieb genommen – deshalb braucht’s mehr Personal. Und nicht zuletzt ist das sündhaft teure München nicht mehr so attraktiv, wie es mal war: Weil der Arbeitsmarkt bundesweit gut ist, wandern viele wieder ab, die zum Beispiel einst aus den neuen Bundesländern kamen. Lokführer verdienen jährlich zwischen 38.000 und 45.000 Euro – mit so einem Gehalt kommt man anderswo weiter als in München.
Während der Ausbildung bekommen die angehenden Lokführer ein Gehalt von rund 30.000 Euro jährlich. Die S-Bahn verspricht zudem sichere Jobs. Allerdings dürfen die Lokführer, die quer eingestiegen sind, keine ICEs oder Güterzüge fahren – sie sind nur für die S-Bahn qualifiziert.
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Wollen auch Sie zum Casting? Das geht noch am Samstag, 5. Mai (9 bis 16 Uhr) und am Mittwoch, 9. Mai (6 bis 10 und 16 bis 22 Uhr). Orleansplatz 9a, Ostbahnhof. Lebenslauf mitbringen!
Das sagen drei Bewerber

Florian Daxenberger (30) aus München: Ich bin U-Bahn-Fahrer und will was Größeres fahren. Die U-Bahn ist ja vor allem automatisch gesteuert. Da muss man in erster Linie schauen, dass die Passagiere an Bord sind und kein Kinderwagen in der Tür hängt. Bei der S-Bahn, so heißt es zumindest, fährt man mehr selbst. Und man fährt mehr an der Oberfläche. Vor allem aber würde ich als Lokführer mehr verdienen. Ich habe Frau und Kind, deshalb ist das für mich sehr wichtig. Besonders in einer Stadt wie München.

Alexandra Fabry (49) aus München: Ich arbeite als Klinischer Monitor im Gesundheitswesen. Mein Arbeitgeber zieht nach Hamburg um, und ich habe nicht vor, mitzugehen. Ich bin technisch interessiert und habe einen guten Orientierungssinn. Wir haben in München das drittgrößte S-Bahn-Netz Deutschlands. Das ist sicher spannend. Um so mehr freue ich mich, dass ich gerade einen Vertrag bekommen habe.

René Claron (43) aus München: Ich bin gelernter KFZ-Mechaniker. Momentan arbeite ich als Paketzusteller bei der Deutschen Post. Dort ist mir die Belastung auf Dauer zu groß und der Verdienst zu gering. Früher habe ich 40 bis 50 Pakete täglich ausgefahren, dank Amazon sind es jetzt 120 Pakete am Tag. Deshalb will ich mich hier zunächst mal über den Beruf des Lokführers informieren. Ich bin gebürtiger Münchner, fahre regelmäßig mit der S-Bahn – und das Gehalt scheint nicht schlecht zu sein. Ich hoffe nur, dass ich als Lokführer nie in die Situation komme, dass sich einer vor den Zug wirft.
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