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„Überstunden-Monitor“ mit pikanten Schätzungen für Münchner Unternehmen: „Äußerst sparsam gerechnet“

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Wie viele Überstunden machen Arbeitnehmer in München jedes Jahr? Der „Fleiß-Pegel“ liefert branchenübergreifende Hochrechnungen.

München – In Münchens Betrieben wird fleißig gewerkelt. Etwas zu fleißig, wenn es nach der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) geht. Die hat in einer umfangreichen Erhebung den „Fleiß-Pegel“ für München ermitteln lassen. In der jetzt veröffentlichten Bilanz: Sehr viele Überstunden, sehr viele davon offenbar unbezahlt.

Rund 18,37 Millionen Überstunden hätten Münchner im vergangenen Jahr am Arbeitsplatz zusätzlich geleistet. Davon 11,69 Millionen zum Nulltarif. Das sind die Zahlen, die das vom NGG beauftragte Pestel-Institut in seinem „Überstunden-Monitor“ nennt.

„Überstunden-Monitor“ für München: NGG sieht klare Anzeichen für „Fachkräftemangel“

Wohlgemerkt: Die beteiligten Wissenschaftler haben bei ihrer Untersuchung auf aktuelle Mikrozensusdaten zurückgegriffen. Basis der Überstunden-Berechnung ist die Übertragung von Branchen-Durchschnittswerten auf die Beschäftigungsstruktur von München.

„Alle Beschäftigten zusammengenommen haben den Unternehmen in München durch unbezahlte Mehrarbeit rund 168,28 Millionen Euro quasi ‚geschenkt‘. Und das ist schon äußerst sparsam – nämlich nur auf Mindestlohn-Basis – gerechnet“, wird Tim Lünnemann von der NGG München in einer Pressemitteilung zitiert. Für Lünnemann sind die Hochrechnungen klare Anzeichen für einen „massiven Fachkräftemängel“.

„Klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen“

Der Gastronomiebranche kommt im „Überstunden-Monitor“ des Pestel-Instituts eine besondere Rolle zu. „Allein in Hotels, Restaurants und Gaststätten leisteten die Beschäftigten im vergangenen Jahr in München rund 450.000 Überstunden. 183.000 davon ohne Bezahlung – quasi umsonst“, ist einer Pressemitteilung zu den Schätzungen zu entnehmen.

Lünnemann warnt eindringlich davor, weiter auf „Goodwill-Überstunden“ der Beschäftigten zu setzen: „Es wird höchste Zeit, das Fachkräfte-Loch zu stopfen, das die Corona-Pandemie noch vergrößert hat. Das klappt allerdings nur, wenn Hotels und Restaurants bereit sind, attraktive Löhne zu bezahlen.“ Den Fachkräfte-Mangel in der Gastronomie will die NGG bei einem Gewerkschaftstag im November in Bremen thematisieren, zu dem auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erwartet wird.

In München haben in den letzten Jahren immer wieder Restaurants geschlossen. Nicht nur, weil es immer schwieriger wird, Personal zu finden. Verschärft sich die Krise weiter? „Wir sind immer noch in der Erholungsphase nach Corona – und jetzt die hohen Kosten. Das kann für manche schon eng werden“, sagt Thomas Geppert, Bayer-Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Frühjahr 2023.

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