München - In einer Tram der Linie 17 wird Stefanie B. (17) von einem Mann offenbar grundlos angegriffen, ihr Freund geht dazwischen. Beide werden teils schwer verletzt.
Als der aggressive Mann sich vor ihr aufbaut, bleibt Stefanie B. (17) ruhig. Mit fester Stimme sagt sie: „Bitte entfernen Sie sich von mir.“ Der Mann greift wortlos in seine Jackentasche und zieht einen kugelschreibergroßen Gegenstand hervor. Dann prügelt er auf Stefanie ein. Er zielt auf den Kopf, Stefanie kann die Schläge mit dem linken Unterarm abwehren. Es ist 19.30 Uhr, Sonntagabend vor einer Woche. In der vollbesetzten 17er-Tram drückt der Fahrer den Nothalt.
Acht Haltestellen zuvor war Stefanie mit ihrem Kumpel Pierre W. (18) an der Donnersbergerstraße eingestiegen, die beiden wollen zu einer Freundin. Sie setzen sich gegenüber auf einen Zweiersitz, irgendwo hinter Stefanie schreit ein Baby. Weil die Haltestellen-Anzeige vor ihr kaputt ist, dreht sich Stefanie suchend um. Sie sieht zum ersten Mal den Mann am Fahrkartenautomaten. Er hält ein schreiendes Baby im Arm, neben ihm steht eine junge Frau. Stefanie wendet sich ab. Im Augenwinkel sieht Stefanie noch, wie der Mann das Baby zu der Frau „rüberwirft“ und zu ihr kommt. Er zieht einen metallenen Kubota, eine Art Schlagstock im Schlüsselanhängerformat, und schlägt zu. „Zwei Volltreffer, zwei Mal Unterarm“, sagt Stefanie. Ihr Freund Pierre geht dazwischen, der Fremde prügelt auf ihn ein. Pierres Kopf blutet stark.
Endlich greift ein weiterer Fahrgast an, der Mann wirft sich auf den Angreifer und bringt ihn zu Boden. „Alles ging so schnell, wir waren total überrumpelt“, sagt Stefanie. „So wie alle in der Tram“. Kurz vor der Maria-Ward-Straße kommt die Tram zum Stehen. „Draußen haben schon zehn Streifenwagen und ein Krankenwagen gewartet.“ Die Polizei nimmt den Angreifer fest. Er schreit, schimpft und spuckt. Stefanie glaubt, Russisch zu hören. Außerdem: „Nutte, Schlampe. Du wirst schon sehen, was du davon hast.“
Stefanie kennt den Mann nicht, weiß nicht, warum er auf sie einschlug. Die angehende Verkäuferin aus dem Westend ist für zwei Wochen krank geschrieben, seit den Schlägen auf den Unterarm kann sie ihre linke Hand nicht mehr bewegen. Ihr Freund Pierre hat eine tiefe V-förmige, blutige Narbe am Kopf. „Ich will, dass der Mann vor Gericht kommt.“
Am Wochenende schockierte zudem der Mordfall in Schwabing, eine 86-jährige wurde tot in ihrer Wohnung aufgefunden.
Tobias Scharnagl