Wiesn brutal: Gaffer prügeln Ersthelfer ins Krankenhaus

Ein Münchner und ein Erdinger haben auf dem Oktoberfest Zivilcourage gezeigt und sind dafür brutal verprügelt worden. Für einen der Männer endete der Abend mit zertrümmertem Knie im Krankenhaus. Die Täter sind auf der Flucht.
München - Gebrochenes Bein, dickes Knie und höllische Schmerzen – das ist die Bilanz von Manni Gläsers Wiesn-Besuch am Donnerstag. Vor dem Hackerzelt wollte der Tontechniker Schaulustige davon abhalten, einen Einsatz von Notärzten zu filmen und zu fotografieren. Für seine Zivilcourage wurde der 56-Jährige brutal verprügelt. Unbekannte schlugen ihn nieder, ließen ihn schwer verletzt liegen und sind seitdem auf der Flucht. Auch ein Feuerwehrmann war als Schlichter vor Ort und wurde attackiert. Die selbstlosen Helfer kamen ins Krankenhaus.
„Die Nacht war schlimm“, sagt Manni Gläser. „Wegen der Schmerzen habe ich kein Auge zugemacht.“ Er liegt in einer Privatklinik in Thalkirchen. Sein Knie ist in eine starre Schiene gepackt, kommende Woche soll er operiert werden. Bei einer Voruntersuchung am Tatabend diagnostizierten die Ärzte einen Beinbruch knapp unterhalb des linken Knies. Gläser: „Auch der Meniskus ist wohl kaputt.“ Die schweren Verletzungen – kaum zu glauben, dass sie das Ergebnis eines einzigen Schlages und das Werk eines Einzeltäters sein sollen.
„Ich sah die Schaulustigen und musste einfach dazwischengehen“
„Ich weiß nicht genau, wer mich niedergeschlagen hat“, sagt Gläser. „Ich bekam einen heftigen Tritt von der

Seite gegen mein Knie, noch einen Fausthieb in den Rücken. Dann lag ich auf dem Boden und konnte mich nicht mehr bewegen.“ Im Augenwinkel hatte er zuvor drei oder vier junge Männer Mitte 20 erkannt. Sie sprachen Englisch und machten Videos von dem Notarzteinsatz mitten auf der Straße vor dem Hackerzelt.
Dort war gegen 16.30 Uhr ein Mann mittleren Alters zusammengebrochen. Gläser: „Ich denke, er war nicht betrunken, sondern hatte ernsthafte gesundheitliche Probleme. Vielleicht einen Herzinfarkt.“ Gläser kam zufällig dazu, er hatte den Nachmittag mit Arbeitskollegen im Zelt verbracht und wollte sich gerade auf den Heimweg machen. „Ich sah die Schaulustigen und musste einfach dazwischengehen“, sagt er. Außerdem seien Sanitäter mit einer Trage im Anmarsch gewesen. Gläser wollte den Weg frei machen und die Gaffer bitten, das Fotografieren und Filmen sein zu lassen. Viele hätten nur gelacht anstatt zu helfen.
Zwar riefen Augenzeugen nach dem brutalen Übergriff noch „Haltet sie auf!“ – von den Tätern fehlt aber jede Spur. Jetzt ermittelt die Polizei. Sprecher Carsten Neubert sagt: „Es handelt sich um ein Körperverletzungsdelikt, es wurde angezeigt.“ Möglicherweise seien die Täter auf Bildern von Überwachungskameras zu erkennen. Die Auswertung läuft.
„Die Wiesn wird mich lange Zeit nicht mehr sehen“

Für Manni Gläser war die Wiesn ohnehin nie ein Anziehungspunkt. „Eigentlich sind mir die Menschenmassen zu viel und die Preise zu hoch. Ich gehe höchstens mit meiner Enkelin hin oder eben mit Kollegen.“ Für den 56-Jährigen steht nach dem Horror-Abend fest: „Die Wiesn wird mich lange Zeit nicht mehr sehen. Meine Abneigung hat sich gestern aufs Schlimmste verstärkt.“ Trotz der ebenso feigen wie üblen Attacke will der Untersendlinger auch in Zukunft Zivilcourage zeigen. Im Krankenbett sagt er: „Ich würde alles wieder genauso machen.“
So wie Wolfgang Bamberg. Der 49-Jährige ist Vorsitzender der Feuerwehr Altenerding. Ihn attackierten vermutlich dieselben Täter, die auch Manni Gläser niederstreckten. Er hatte die Notsituation des Kollabierten ebenfalls bemerkt. Kaum waren die Sanitäter da, bildete sich eine Menschentraube. „Die Helfer konnten sich gar nicht richtig um den Mann kümmern, so groß war der Trubel“, sagt Bamberg. „Etliche Gaffer machten Fotos und Videos mit ihren Handys.“ Dann kam es zu der Attacke. „Ich habe von hinten einen Schlag gespürt, und schon lag ich am Boden.“ Neben sich sah er den schwer verletzten Manni Gläser. Bamberg erwischte es nicht ganz so schlimm. Er konnte die Klinik am selben Abend verlassen „Mir war in der Früh noch schwindelig und übel“, sagt er. „Jetzt ruhe ich mich erst mal aus.“
Auch Dr. Peter Behrbohm, Sprecher des Bayerischen Roten Kreuzes und täglich im Wiesn-Einsatz, hat von dem Angriff gehört: „Unsere Sanitäter haben mir den Fall geschildert, auch für sie ging alles sehr schnell. Plötzlich waren es drei Patienten.“ Der 63-Jährige ist entsetzt: „Unfassbar, was sich diese Menschen erlauben.“